Alte Rivarossi/Pocher 4-4-0 Umbau

  • Hallo Leute,


    das hier ist ein Umbaubericht in der Art von mal eben zwischendurch gepfuscht.

    Vor einiger Zeit kam ein altes Rivarossi Modell in meinem Besitz. Dieses hierzulande als klassische "Westernlok" bekannte Lokmodell hat sein Vorbild in den Loks der Virginia & Truckee RR: https://en.wikipedia.org/wiki/Virginia_and_Truckee_Railroad

    Die V&T war zu ihrer Lebendzeit schon ein Anachronismus, irgendwie auf dem Stand der 1870er Jahre stehen geblieben und nicht modernisiert.

    Bild einer Lok: http://ogrforum.ogaugerr.com/f…/4-4-0%20V%26T%20Inyo.jpg

    Wer alte Western liebt, hat diese Loks wahrscheinlich schon gesehen. Nach Einstellung der V&T 1950 sind einige Lok in den Besitz von Filmgesellschaften gekommen und dienten als Staffage in mehreren Filmen.



    Das Rivarossi Modell muß irgendwann mal Ende der 1960er, Anfang der 1970er Jahre erschienen sein. Vom Maßstab her ist es zu groß für eine konkrete maßstäbliche Nachbildung der V&T Loks ausgefallen. Der Maßstab des Modells dürfte geschätzt bei 1:82 liegen. Das ist der damaligen Antriebstechnik geschuldet, als es nur große klobige Motoren gab, welche die Modellbahnfirmen unbedingt aus Prestigegründen selber herstellen mussten. Rivarossi machte da keine Ausnahme. Um überhaupt ein Modell einer 4-4-0 realisieren zu können wurde der Motor in den Tender verbannt und trieb über eine Gelenkwelle die Lok vorne an. Um mehr Varianten aus dem Grundmodell heraus zu holen wurden dann einige Beschriftungsvarianten realisiert. Des weiteren gab es verschiedene Anbauteile wie Schornsteine, Frontscheinwerfer, Tenderaufsätze um hier ein unterschiedliches Erscheinungsbild erzeugen zu können.


    Jedoch wenn man das alte Rivarossi Modell einmal mit Fotos und Zeichnungen von alten Santa Fe Loks vergleicht:

    http://www.hobonickels.org/ATSF/68_3_santafe.jpg

    http://www.oocities.org/harttx/atsf91a.jpg

    http://www.hobonickels.org/ATSF/68_3_num2.jpg

    Kommt es denen vom Aussehen einigermaßen nahe. Hier sind es zwar auch 4-4-0s, aber aus den 1880er und 1890er Jahren als die Loks schon deutlich größer waren. Was was denn auch beim Modell den von 1:87 abweichenden größeren Maßstab wiederum kompensiert.

    Es wird daher kein 100%ig genaues Modell, aber ein weitgehend maßstäbliches Kompromißmodell einer alten Atchison, Topeka & Santa Fe Lok.



    dsc000510fu70.jpg

    So sah die Lok nach iher ersten Verbesserung aus. Der alte raubauzige Rivarossi Motor wurde bei einem ersten Umbau des Antriebs durch einen Mabuchi ersetzt der wesentlich mehr Laufkultur aufweist. Die Gelenkwelle zur Lok musste verlängert werden, daher das sichtbare weiße Stück Kunststoffrohr. Des weiteren bedingte der alte Rivarossi Motor eine Art Hängebauch an der Tenderunterseite und winzige Kullerrädchen an den Drehgestellen. Auch bei der Lok wurden diese winzigen Kullerrädchen am Vorlaufdrehgestell angebracht was das Aussehen entstellt.

    Das vordere vorher oben halbrunde Cab Fenster wurde rechteckig ausgefeilt.




    dsc01565sjb12.jpg

    Das Foto zeigt die erste Antriebsverbesserung mittels eingeklebten Mabuchi Motor

    Als weitere ernsthafte Maßnahme soll der Motor aus dem Tender verschwinden. Auf der Oberseite des Bodens befindet sich ein Blechteil was die Gewindebohrungen für die Drehgestellbefestigungsschrauben aufnimmt. Die ehemaligen hochkant stehenden Motorhalterungen für den originalen Rivarossi Motor habe ich flach umgebogen um Platz für den Mabuchi zu schaffen. Dieser wird aber jetzt zusammen mit dem alten Antriebsstrang nicht mehr benötigt.





    dsc016377xzma.jpg

    Um die Kullerrädchen los zu werde habe ich mir von Thomschke 33' Radsätze mit der richtigen Achslänge beschafft. Das sieht doch schon einmal gleich besser aus (vergleiche Vorbildfotos). Jetzt hat man nicht mehr den Eindruck die Tenderradsätze würden nur aus Spurkranz bestehen.




    dsc01563hll1a.jpg

    Bei meinem neuen Antriebskonzept kommt der Motor nach vorne in die Lok selber wo er hingehört.





    dsc01564pqatr.jpg

    Ebenfalls über Fischer Modellbau habe ich mir einen Mashima Motor mit passsenden Abmessungen besorgt. Er kommt aus Gründen der Gewichtsverteilung als relativ leichtes Bauteil nach vorne oberhalb des nicht angetriebenen Vorlaufdrehgestells. So kann der Raum oberhalb der im Modell angetriebenen Treibräder mit Ballastgewicht weitgehend ausgefüllt werden.

    Das Getriebe wurde auch völlig neu konzipiert. Die Zahnräder stammen aus meinem Fundus an Roco Teilen. Hier wurde ein Zwischenzahnrad eingefügt um die Motorwelle in Höhe der Kesselmitte zu bekommen. Die Übersetzung änderte sich von 1:Rasant auf 1:24.

    Einen Tenderantrieb a'la Fleischmann Anno 1965 hätte ich als Kapitulationserklärung vor der Mechanik verstanden. Heute stehen einem leistungsfähige Kleinstmotoren zur Verfügung welche die Realisierung solcher Antriebskonzepte zulassen. Man muß dafür allerdings manch eingefahrenen Traditionen hinterfragen, überdenken und auch verlassen.





    dsc0163878y5k.jpg

    Ein erstes Augenmaßnehmen mit den neuen Rädern. Die Pizzaschneider-Spurkränze der Treibräder wurden abgedreht um die NMRA Normen einzuhalten und ein Radreifenprofil nach RP-25 Code 110 zu erhalten. Verschwunden ist auch der Hängebauch am Tenderboden und die Vorlaufradsätze sind ebenfalls gegen grössere Exemplare (von Thomschke) ausgetauscht worden.

    Der Motor ist provisorisch angeklemmt um analoge Probefahrten vorzunehmen. Die Stromabnahme muß unbedingt verbessert werden. Ansonsten läuft der neue Antrieb einwandfrei, da werde ich wohl nichts mehr ändern müssen.


    Jetzt geht es weiter mit mit den üblichen Maßnahmen wie Digitalisierung, Beleuchtung, verbesserte Stromabnahme und etwas "schön" machen.

  • Hallo,


    dsc016629vq3l.jpg

    So sieht die Lok von unten aus.

    Auf die vordere Radsatzachse habe ich ein Zahnrad mit 24 Zähnen von Roco aufgepresst.

    Das Vorlaufgestell selbst ist um einen Zapfen drehbar. Dieser Zapfen wiederum ist an einer Deichsel angebracht. Die Deichel selber kann auch noch einmal auslenken. Die Feder hinten an der Dechsel wirkt sowohl vertikal und horizontal. Das DG wird so vertikal als auch horizontal abgefedert, die Deichsel so in der Mittellage zentriert. Damit die Feder wirken kann, sind die Radsätze im DG selber durch Beilagen in ihrer Seitenverschiebbarkeit stark reduziert.


    Nachdem der neue Antriebsstrang durch analoge Probefahrten seine grundsätzliche Brauchbarkeit unter Beweis gestellt hat, ging es an weitere Verbesserungen. Die daraus gewonnenen Erkenntnisse:

    - Die Stromabnahme ist verbesserungswürdig. Das lange Zeit gehegte Prinzip der versetzten Stromabnahme von Lok und Tender ist schon analog nicht sehr zuverlässig. - Digital werden sich die Probleme noch verstärken.

    - Um eine versetzte Stromabnahme zu ermöglichen wurden ab Werk beide Haftreifen auf der linken Lokseite angeordnet.

    - Unter Belastung hebeln sie die Lok dann nach rechts und sie läuft schief im geraden Gleis.


    Die Stromabnahme völlig neu aufgebaut. Die Lok erhält Schleifer auf allen 4 Kuppelrädern. Damit umgeht man ettliche bewegliche Übertragungsstellen welche potentielle Fehlerquellen darstellen. Die alten Plungerkontakte wurden entfernt.

    Des weitereren führen fest angelötete Kabel von den radschleifern direkt zur Decoderschnittstelle.


    Die (ungeliebten) Haftreifen wurden dann auf der hinteren Kuppelachse beidseitig konzentriert. Damit ist die Schiefstellung vom Tisch.


    Da die Radsätze von Thomschke einseitig isoliert sind, habe ich am Tender die ursprünglichenen Achsschleifer beibehalten.

    Für die Isolierten Räder wurden neue Schleifer angefertigt. Die entstanden, wie auch bei der Lok, aus 0,3mm Bronzefederdraht.

    Das Material der Drehgestelle, ein Polyamid (PA), lässt sich nicht kleben. Daher wurden 0,4mm Bohrungen in die Quertraversen eingebracht, der Bronzefederdraht U-förmig gebogen und von oben mit beiden Schenkeln in jeweils eine Bohrung eingesteckt. Anschliessend wurden die Enden unten so umgebogen. daß sie auf den Radscheiben leicht schleifen. Die Überstände habe ich anschliessend abgekniffen. Oben wurden dann die Anschlußkabel angelötet.

    Für die anstehenden 6 Kabel zwischen Lok und Tender habe ich mir am Tenderboden Kabelführungen gemacht. Hier aus 0,5mm Messingdraht.


    dsc01664n8pr0.jpg

    Der Scheinwerfer wurde von hinten durchbohrt und eine 3mm LED eingesetzt.

    Aber der Scheinwerfer hier ist riesig, ebenso wie der Schornstein, dadurch macht sich dann doch die Maßstabsabweichung unangenehm bemerkbar. Beide Bauteile werde ich wohl durch Maßstäblichere ersetzen müssen.


    Und dann:

    dsc01700alu24.jpg

    Das Leben ist manchmal wie eine Ketchupflasche, erst kommt lange nichts und dann alles auf einmal.

    Volker (espee) hat mir dankenswerterweise eine Auswahl an zeitgenössischen Zurüstteilen geschickt. Jetzt kann ich mir die passenden Teile aussuchen. Wer die Wahl hat, hat die Qual

    Also der Schlot ganz links oben ist ein sog. Shotgun (Schrotflinte, hierzulande heißt er Prüßmann Schornstein) wegen seiner leicht kegeligen Form. Kam bei Kohle und Öl gefeuerten Loks zum Anbau.

    Für die holzgefeuerten Dampfer bracht man jeoch Funkenfänger. Hier sind 3 verschiedene Schlote mit Funkenfängern sog. Diamond Stacks, mein Favorit der ganz links aus schwarzem Kunststoff. Der aus Messing sieht zwar besser aus, aber die Lok soll ja nicht zu kopflastig werden, ist ja schliesslich kein Audi.

    Daneben ein Congdon und zuletzt noch der klassische kegelförmige Radley & Hunter, rechts davon das dazugehörige Funkensieb und dessen Haltegitter.

    Links unten 2 Laternen aus Weißmetall, sie sind schon deutlich kleiner als als das originale Riesenteil. Mein Favorit hier ist die Laterne aus Messingguß welche noch einmal etwas kleiner ist.

    Die Kuhfänger werde ich nicht verwenden, der originale stimmt in der Form und Ausführung.

    http://www.oocities.org/harttx/atsf91a.jpg Das ist genau das Vorbild des Modells.

  • Hallo,


    die Würfel sind gefallen:


    dsc01785upzqd.jpg

    Für diese Teile habe ich mich entschieden.

    Zusätzlich habe ich in meinem Teilefundus gewühlt und noch einen alten reichverzierten Glockenstuhl gefunden (der ist auch von Volker). Wenn nicht hier wo dann sonst dieses Teil einbauen?

    Der neue Scheinwerfer aus Messing muß noch aufgebohrt werden um ihn zu beleuchten. Ich muß einmal schauen wie man die Führung der Kabel am geschicktesten verlegt. Die Kabel sollen am Modell möglichst unsichtbar bleiben, denn beim Vorbild handelt es sich um einen Petroleumbrenner.





    dsc01794mylih.jpg

    Vor rechts nach links.

    Der aus 5 Teilen fertig zusammen gelötete Glockenstuhl, die Glocke ist darin beweglich aufgehängt

    Das Podest für den Stirnscheinwerfer, ebenfalls aus Messingsgußteilen zusammen gelötet

    Der Scheinwerfer mit eingesetzter LED mit Farbton Super Golden White. Das kommt mit einem entspechenden Vorwiderstand nahe an eine Petroleumlampe heran. Die Kabelzuführung erfolgt von unten und soll dann schnell und unaffällig in der Rauchkammer verschwinden.





    dsc017951ma7u.jpg

    Die Glocke noch einmal näher betrachtet.

    Der neue Schornstein ist etwas kleiner und zierlicher und ich finde er wirkt hier für die Darstellung einer größeren Lok (AT&SF #91 gegenüber V&T #22) auch harmonischer. Für die Montage musste er von unten mit 3,6mm aufgebohrt werden, dann passte er ohne weitere Nacharbeiten auf den vorhandenen Sockel.

  • Hallo,


    die Lampe wurde dann montiert:

    Dafür musste dann an der Rauchammerfront oben eine kleine Öffnung für die LED Anschlußkabel geschaffen werden. Wie man sieht, kann man nichts davon erkennen.






    Die Lok in der Seitenansicht. Die großen messingfarbenen Fabrikschilder habe ich entfernt.





    Das war der Grund dafür. Mal eben zwischendurch mit Teilen aus der Grabelkiste eine frühe Westinghouse Bemsanlage gepfuscht. Es gab einmal in grauer Vorzeit wunderschöne Messingfeingußteile dafür, war aber damals zur Zeit des Umbaus schon seit längeren nicht mehr erhältlich. Also habe ich hier Teile der Bremsanlage von einem deutschen Güterwagen umgearbeitet. Unter die Bremszylinder gehören noch Gelenke angedeutet, aber bislang noch keine Idee dafür.





    Noch einmal ein Kontrollfoto von der rechten Seite. Hier sind noch Andeutungen der jetzt sichtbaren Ausgleichshebel hinzu gekommen.

    Die Leitungsführung war damals noch sehr sparsam und befindet hauptsächlich unter den Umläufen. Daher auch hier nur Andeutungen. Die Leitungen sind recht dick, ich habe 0,8mm Draht genommen. Sie kommen aber im Vergleich mit Vorbildfotos vom Durchmesser ungefähr hin. Vermutlich waren sie isoliert.





    Die andere Seite.

  • Hallo,


    dann habe ich doch nochmals die Räder ummontiert. Die Haftreifenräder sitzen jetzt auf der 1. Kuppelachse, die Lok läuft dadurch ruhiger und neigt nicht mehr zum Aufbäumen unter Zug. Am liebsten würde ich die Haftreifen ja ganz los werden, aber es dürften wohl keine Radsätze mehr zu bekommen sein.




    Etwas fehlt hier noch.





    Aus diesem Drahtgebilde werde ich die aussen sichtbaren Teile der Steuerung machen.





    Das werden die Schieberschubstangen und die Übertragungshebel von der innen liegenden Stephenson Steueung. Die Steuerung selber kann ich hier nicht nachbilden, weil der Rahmen eben ein massives Teil ist. Aber ich kann so tun als ob.





    Sieht ja schon mal ganz gut aus. Der Hebel entstand aus einem Streifen (Rest von einem Ätzrahmen) Neusilberblech, die Schieberschubstange aus den Überbleibseln einer Viessmann Fahrleitung und die Übertragungswelle ist 0,8mm Messing. Damit habe ich dann auch dem z.Zt. grassierenden Neusilberspleen meine Referenz erwiesen. ;)




    Noch einmal ein Kontrollfoto von der rechten Lokseite. Räder und Dome wurden mit RAL3004 gestrichen.





    Von links.





    Von schräg oben von vorne.





    Von schräg oben von hinten.

    Solche Kontrollfotos helfen mir Fehler zu erkennen und wo noch nachgebessert werden muß. So müssen die Kabel zwischen Lok und Tender noch besser gebändigt werden und die Lücke mit einem Übergangsblech verschlossen werden.





    Im Vergleich zu einer Bachmann-Spectrum 4-6-0. Die Rivarossi 4-4-0 wirkt jetzt nicht mehr so überdimensioniert.





    Es sind noch einige Sachen zu machen.

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