Ich möchte hier auf ein paar Basistechniken eingehen die sehr einfach zu erlernen sind und schnell ein zufriedenstellendes Resultat liefern. Der Text selbst ist etwas ausführlicher, die Techniken aber einfach und simpel. Davor noch etwas Grundlegendes was jedem bewusst sein muss, denn die Beste Technik ist wertlos wenn man nicht kapiert hat wann und wo sie einzusetzen ist.
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[SIZE=3]Grundlegendes & Vorbereitung[/SIZE]
Wasser, Schmutz, Staub, etc. fällt generell von oben nach unten. Ausnahmen sind z.B. Spritzwasser oder Fahrtstaub der aufgewirbelt wird. Daraus kann man folgende Grundregeln ableiten, die man beim Altern niemals vernachlässigen sollte:
- Dächer und waagrechte Flächen die eher unzugänglich sind haben meist stärkere Schmutzablagerung*
- Laufstege (obwohl waagrecht) wiederum weniger, weil durch rege Benutzung der Schmutz dort wieder abgetragen wird.
- Regen und Schnee löst wiederum Schmutz der an den Seiten abwärts läuft.
- Allgemein bleibt der Schmutz besser in Vertiefungen und Rillen haften wie auf ebenen Flächen!
- Rost tritt da auf wo Feuchtigkeit auf ungeschütztes Metall trifft wie z.B. bei Kratzern im Lack.
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[SIZE=1]Bei den folgenden zwei Bildern kann man gut unterschiedliche Witterungseinflüsse erkennen. Speziell die Dachansicht verdeutlicht dass Laufstege z.T. auch erneuert werden: [/SIZE]
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*Bei den Dächern gibt es jedoch die häufigsten Ausnahmen, da eben gerade Regen den Schmutz wieder abwäscht. Mehr dazu aber unter Punkt 4 weiter unten.
Und zu guter letzt der wichtigste Tipp: Immer versuchen ein Foto von einem Original zu finden (das Internet ist einen schnelle und kostengünstige Hilfe dabei). Darauf erkennt man dann z.B. wo Kratzer im Lack auftreten und Rost entsteht. Welche Farbtöne der Schmutz aufweist. An welcher Stelle sich mehr Schmutz ablagert und wo z.B. überhaupt kein Schmutz zu finden ist. Wenn man also sieht wo in Wirklichkeit Schmutz & Rost auftritt, dazu noch in welcher Intensität und Farbgebung, und man dann versucht dieses wiederzugeben, dann ist man auf dem richtigen Weg. Vorbereitend sollten Scheiben abgeklebt oder herausgebaut werden. Auch ein Zerlegen des Modells (z.B. Modellbahn) ist empfehlenswert, weil sich mit den Einzelteilen besser arbeiten lässt.
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[SIZE=3]1. Der Wash[/SIZE]
Primär möchte ich auf eine der einfachsten Techniken eingehen, die aber mehr oder weniger die Basis für fast jeden Alterungsvorgang darstellt, der „Wash“ (engl. Das Waschen). Im übertragenen Sinne wird das Modell wirklich gewaschen, allerdings mit einer „Schmutzbrühe“! Farbe des Wash sollte bei dunklen Modellen auch sehr dunkel sein und je heller das Modell, desto heller auch der Wash. Ausnahmen bestätigen auch hier die Regel, darum ein Vorbildfoto studieren welcher Farbton dort die Schmutzablagerung hat. Den Wash erstelle ich wie folgt:
Gouache + Wasser (ca. 10% zu 90%) plus etwas Spiritus oder Spühlmittel, was die Oberflächenhaftung auf Plastikmodellen unheimlich erhöht.
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[SIZE=1]nachdem der Wash auf eine Seite aufgetragen wurde[/SIZE]
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Wenn das komplette Modell damit eingepinselt ist lässt man den Wash trocknen und achtet dabei dass das Modell wie normal steht (wir erinnern uns: Wasser läuft von oben nach unten). Auch für Modellfahrzeuge mit viel Chrom eignet sich ein Wash bestens, ganz speziell am Kühler Grill oder den Felgen. Durch den hohen Glanz von Chromteilen im Modell verliert die Oberfläche komplett die Struktur und der Wash macht sie kenntlich. Ist der Wash trocken, kommt der zweite Schritt, das Entfernen des Schmutzes an den Bereichen wo keiner oder weniger sein soll. Man erstellt eine Wasser-Spiritus Mischung (man kann bei Gouache auch auf Spiritus komplett verzichten), taucht Wattestäbchen darin ein und entfernt den Wash indem man vorsichtig von oben nach unten wischt. Man stellt schnell fest dass man damit nicht in Fugen und Vertiefungen hereinkommt, und auch nicht immer und überall der Wash zu 100% entfernt wird, es bleibt immer ein leichter „Schleier“ am Modell haften was sehr wichtig ist.
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[SIZE=1]Den trockenen Wash wieder mit einem Wattestäbchen entfernen[/SIZE]
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Fingerabdrücke bitte vermeiden, da man später kaum noch Möglichkeiten hat diese wieder zu entfernen. Und Vorsicht mit dem Spiritus! Nicht jede Farbe oder Lackierung verträgt diesen und selbst im verdünnten Zustand kann er noch sehr aggressiv sein! Ich empfehle das Wasser-Spiritus Gemisch an einer später nicht sichtbaren Stelle zu testen. Wenn dann alles trocken ist, ist der Arbeitsschritt abgeschlossen und es werden schnell die Verschmutzungen in den Vertiefungen und Rillen am Modell sichtbar.
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[SIZE=3]2. Der Drybrush[/SIZE]
Der „Drybrush“ (engl. Trockenpinsel) ist einen Methode bei dem Erhöhungen und Kanten durch eine sehr helle Farbe hervorgehoben werden. Man nimmt am besten weiße Farbe, oder wenn man den Effekt nicht ganz so stark haben möchte den Farbton der zu bearbeitenden Stelle, und hellt diesen mit dem Zumischen von weiß stark auf. Mit einem Borstenpinsel (Normaler Pinsel Größe 2 der abgeschnitten wird eignet sich auch bestens) nimmt man die Farbe auf und streicht diese auf Küchenpapier oder einer Serviette wieder aus. Das macht man so lange bis man meint dass sich im Pinsel keine Farbpartikel mehr befinden.
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[SIZE=1]Ein abgeschnittener Pinsel dient als Borstenpinsel. Ein Blauton für einen dezenten Drybrush wurde mit weiß aufgehellt[/SIZE]
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Vorsichtig „bürstet“ man nun am Modell über Kanten, Ecken und alle Erhöhungen die man findet. Schnell stellt man fest dass doch noch Farbpartikel im Pinsel waren die nun an den Kanten und Erhöhungen haften bleiben. Dies steht direkt dem Verdunkeln von Vertiefungen durch den Wash gegenüber und ergibt mit ihm zusammen einen recht plastischen Effekt. Das Resultat erzielt beim Betrachter den Maßstabs-Effekt, durch den das Modell größer wirkt und wir nehmen ihm damit auch den einheitlichen Plastikglanz den neue Modelle haben. Vertiefungen werden also verdunkelt (mit dem Wash), Erhöhungen aufgehellt (mit dem Drybrush) und alles in allem hinterlassen wir einen matten Schleier auf dem Modell.
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[SIZE=1]Nach dem Drybrush lassen sich die helleren Kanten erkennen[/SIZE]
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[SIZE=3]3. Drehgestelle, Räder, Unterbauten & Kupplungen[/SIZE]
Der untere Bereich, speziell bei Loks und Wagons, ist meist recht einheitlich in dunkle Farbtöne gehalten (Schmutz, Fahrstaub, Rostablagerungen, etc.) Da es aber auch hier recht gravierende Unterschiede gibt sollte man wieder Originalfotos anschauen um herauszufinden welche Farbtöne zur Verwendung kommen sollen.
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[SIZE=1]Sehr gut erkennt man hier den Einheitsfarbton des Drehgestelles an einer GP10, auch Rostspuren am Oberbau sind gut sichtbar[/SIZE]
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Um Drehgestelle und Räder zu altern sollte man ein Zerlegen an dieser Stelle auf jeden Fall in betracht ziehen, sonst bleibt das Resultat unzureichend. Die Laufflächen der Räder empfehle ich zu schützen, denn das nachträgliche Säubern ist aufwendig und Zeitraubend. Metallräder und Drehgestelle (wenn schwarz) bekommen bei mir meist eine dünne Schicht schwarzer Haftgrund damit die Wetterungseffekte haften bleiben. Mit einer Airbrush trägt man recht einfach gewünschte Farbtöne auf. Da die Unteren Bereiche meist recht dunkel sind, ist ein Wash fast überflüssig, der Drybrush aber umso effektiver. Um kein zu extremer Kontrast zu erhalten empfiehlt es sich den gerade aufgesprühten Farbton mit weiß aufzuhellen, und diesen dann als Drybrush zu verwenden. Auch sämtliche Unterbauten sollten mit der Selben Technik wie Räder und Drehgestelle behandelt werden. Wenn möglich, dann versuchen einen Ãœbergang zu erhalten, von unten nach oben, da die Schmutzablagerungen weiter oben stark nachlassen. Mit der Airbrush kann man das aber einfach und schnell umsetzen. Kupplungen sind so gut wie immer rostfarben, d.h. einheitliche Farbgebung und evtl. ein Drybrush. Auch dort verwende ich speziell bei Kadee Metallkuppler etwas schwarzen Haftgrund bevor ich mit dem Altern beginne. Wenn nun alles wieder zusammengesetzt ist sollte der gesamte untere Bereich einen relativ einheitlichen „Schmutzfilm“ besitzen. Ich empfehle aber unbedingt Vorbildfotos zu studieren um zu sehen wo welche Intensität an Schmutz auftritt!
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[SIZE=1]Ein interessantes Bild: Deutlich erkennt man dass Kupplungen, Drehgestelle, Räder und auch die Auslassklappen einen einheitlichen Schmutzfilm besitzen[/SIZE]
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[SIZE=3]4. Dächer[/SIZE]
Diese sind bei Loks meist lackiert und werden simpel mit der der Wash Methode behandelt Für eine intensivere Schmutzschicht am besten Kreidepulver von oben auf das Modell „pudern“ und sanft mit einem Pinsel einreiben. Es kann auch senkrecht von oben eine „Staubschicht“ mit der Airbrush aufgesprüht werden und ein anschließender Drybrush mit passendem hellerem Farbton aufgebracht werden. Das erhöht den Effekt dass sich auf waagrechten Flächen mehr Schmutz wie an Seitenwänden ablagert. Dächer von Güterwagen sind dabei sehr unterschiedlich zu behandeln. Dazu sollte man auf jeden Fall nach Vorbildfotos suchen die zum Wagentyp passen. Obwohl sich die Dächer perfekt für Schmutzablagerungen eignen, wird da aber der Regen viel herunterspülen. Dadurch sind Wagendächer oftmals sehr sauber anzutreffen. Wenn der Wagen jedoch schon etwas älter ist, dann ist das Dach meist mit einer konstanten Rostschicht überzogen.
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[SIZE=1]Gut zu erkennen sind die unterschiedlichen Dächer bei Box Cars[/SIZE]
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[SIZE=3]5. Details[/SIZE]
Wenn das Modell soweit aufbereitet ist kann man sich an Details ran machen. Das beinhaltet z.B. das farbliche Nachbearbeiten einzelner Stellen. Auch Roststellen, Kratzer, Dieselkraftstoff der am Tank herunter läuft, usw. Da diese Details aber im Einzelnen angesprochen werden sollten möchte ich hier nicht näher drauf eingehen.
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[SIZE=3]6. Versiegeln der Arbeit[/SIZE]
Zu guter letzt sollte die Arbeit versiegelt werden. Ein Klarlack schützt das Modell vor allem vor dem Anfassen. Speziell bei der Modelleisenbahn wir ein Modell öfters angefasst und mit der Zeit können sich so die Alterungseffekte ablösen. Ein Güterwagen z.B. kommt ab Werk in der richtigen Lackierung. Wir bringen Alterungseffekte also direkt auf der Werksseitig angebrachten Lackierung auf. Da die meist eine sehr glatte Oberfläche hat ist die Haftung unserer Arbeit begrenzt. Vor allem wer Kreide für Wetterungseffekte verwendet muss die Arbeit versiegeln. Prinzipiell sollte matter Klarlack gegenüber Glanzlack vorgezogen werden, egal ob Lokomotive oder hochglanzpoliertes Modellauto! Der Mattlack erzeugt neben einer schützenden Schicht einen Maßstabseffekt, dazu eine Erklärung: Wenn wir vor einem polierten PKW stehen können wir uns im Lack spiegeln, bewegen wir uns aber 100m davon weg hat der PKW komplett den Glanzeffekt verloren, lediglich Sonnenlicht reflektiert sich noch an gewissen Stellen (ein weißer Drybrush übrigens würde diesen Effekt wiedergeben). Zu guter letzt überlisten wir auch unser Unterbewusstsein damit, weil eigentlich jeder hochglänzende Modellautos oder Züge mit Spielzeug in Verbindung bringt. Aber genau das soll ja nicht der Fall sein, wir wollen ja ein Modell haben was so realistisch wie möglich auf den Betrachter wirkt.
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[SIZE=1]Für das hier abgebildete Modell wurde das einzige im Internet zu findende Vorbildfoto verwendet, zu sehen auf der Conrail Cyclopedia[/SIZE]
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[SIZE=3]Persönliche Empfehlungen[/SIZE]
Ich empfehle das Arbeiten mit Acrylfarben auf Wasserbasis. Sind ungiftig, lassen sich geruchsarm in der Wohnung verarbeiten und Pinsel lassen sich einfach mit Wasser ausspülen. Zum verdünnen kommt nur destilliertes Wasser zur Anwendung. Manche Effekte lassen sich auch gut mit Kreidepulver realisieren. Dazu einfache Künstlerkreide aus dem Bastel- oder Künstlermarkt verwenden und davon Pulver abschaben.
Das oberste Gebot beim erlernen neuer Techniken gilt auch hier: Probieren geht über studieren! Ein günstiges, altes oder unbrauchbares Modell eignet sich bestens um die Techniken daran auszuprobieren und ein Gefühl dafür zu bekommen. Was jeder für sich herausfinden muss sind z.B. das zusammenmischen eines Wash, oder der Umgang mit dem Pinsel beim Drybrush damit nicht zu viel Farbe aufgetragen wird.