M.K. USA September 2005

Aus Das US-Modellbahn-Lexikon
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USA September 2005

von Michael Kreiser

Freitag, 09.09.2005

Dresden Hbf, 13.30 Uhr. Die Süd- und Osteingänge sind gesperrt, der Taxifahrer hat mich aber am Südende abgesetzt, also einmal um den ganzen Bahnhof herum. Der Fahrplan sagt, EC 176 fährt am Gleis 17, also Koffer die Treppe hochgewuchtet. Oben angekommen, eine Durchsage: "Der EC 176 fährt heute am Gleis 18." Schön, also wieder runter und drüben wieder hoch. Der Zug ist voll, vorsorglich hatte ich mir eine Platzkarte geholt, also wenigstens sitzen. Den Abend verbringe ich in Berlin bei meinem Cousin, wegen der leichten Aufregung aufgrund des bevorstehenden Fluges kann ich nicht gut schlafen...

Samstag, 10.09.2005

Berlin Tegel, 6 Uhr. Die Anzeigetafel zeigt meinen Flug nach London als gestrichen. Na toll, mein allererster Flug und dann so was. Nach anderthalb Stunden hat die freundliche Mitarbeiterin mich auf Lufthansa über Frankfurt umgebucht. Ich werde insgesamt nur 20 Minuten später in Detroit ankommen. Ehe ich mich versehe, sitze ich schon in der kleinen 737, na ja, bis auf das unbekannte Magengefühl beim Start war der Flug ganz o.k. Warum trinken eigentlich fast alle Tomatensaft? Die 3 Stunden Aufenthalt in Frankfurt vergehen sehr schnell, bei jeder der unzähligen Personenkontrollen lachen die Beamten über die 2 Flaschen Radeberger im Handgepäck. Mit dem Bus geht es auf das Vorfeld, zu einem einzelnen A330, wenigstens ein Airbus denke ich. Die Hoffnung, die Sitzabstände sind auf Interkontinentalflügen spürbar größer zerschlagen sich, wenigstens sitze ich am Gang und kann meine Beine so etwas ausstrecken. Zum Mittagessen gibt es Putengeschnetzeltes, dazu ein kühles Bier, ach wie schön. Zu vorgerückter Stunde beginnt das Ausfüllen der Zoll- und Einreiseerklärungen. Ali, mein Nachbar, kann, obwohl Amerikaner, kaum Englisch, deswegen versuche ich ihm seine Zollerklärung auszufüllen. Überhaupt sind auf diesem Flug viele arabischstämmige Passagiere, erst später erfahre ich, dass Dearborn, ein Vorort von Detroit, eine Hochburg der Araber ist. Im Fernsehen läuft Herbie, der mit dem Käfer. Bis auf einen recht guten Oldiesender lässt auch das Radioprogramm zu wünschen übrig. Noch knapp 3 Stunden von 8 1/2 übrig. Um 19.15 Uhr MEZ erreichen wir bei Goose Bay amerikanisches Festland, Hunderte Inseln sonnen sich im tiefblauen Atlantik. Ein traumhafter Anblick. 16.20 Ortszeit, gelandet. Die Menge stürmt zu den Immigration Officers, ich habe schon viele beängstigende Storys über diesen Menschenschlag gehört. "What are you doing here?", "How long do you stay?", "Where are you going to?", "Enjoy your stay!" Das war's. Nicht mal 10 Minuten sind seit dem Ausstieg vergangen. Ab zum nächsten Telefon, Dave angerufen. Der kommt 20 Minuten später angebraust. Wir fahren knapp 15 Minuten über den Highway, teilweise in sehr schlechtem Zustand, dann erreichen wir Livonia, ein Dorf, wie ich es nenne, allerdings mit 100.000 Einwohnern. Was mir gleich auffällt ist die unübersichtliche Struktur der Ortschaften, ohne erkennbares Zentrum. Wunderschöne Einfamilienhäuser mit gepflegten Vorgärten, hier könnte es mir gefallen. Wir biegen in die Einfahrt, vor der Garage stehen 3 Autos. "Are these yours?" frage ich verwundert? Dave ist nicht nur Eisenbahn- sondern auch Autonarr. Deswegen hat er insgesamt 5 Autos, zwei davon sind seiner Frau. Seit sich die Spritpreise durch Hurrican Katrina fast verdoppelt haben, die Gallone war bei Ankunft bei 2.89 Dollar, fährt man aber auch hier etwas bedächtiger. An der Veranda hängt ein riesiges Plakat mit der Aufschrift "Willkommen in Michigan, Micha!", Gastfreundschaft wird hier groß geschrieben. Drinnen wartet ein selbst gebackener Kuchen mit der selben Aufschrift. Das Haus ist riesig, alleine zwei Zimmer sind für Eisenbahnbücher, Fahrpläne und Fotoalben. Nach einer kurzen Dusche und einem Bier fahren wir in eine nahe Bar. Die Hamburger sind super lecker, die bestellte Cola verwandelt sich aufgrund von Verständigungsproblemen in ein Corona Bier. Nach Klärung des kleinen Missverständnisses bekomme ich aber meine Coke. Nach jedem Toilettengang steht ein neues Glas auf dem Tisch, auf Nachfrage erfahre ich, dass Cola und auch Kaffee immer kostenlos nachgeschenkt werden. Das nenne ich Service. Gegen 22 Uhr, ich bin inzwischen 23 Stunden auf den Beinen, falle ich müde ins Bett. Welcome to the USA.

Sonntag, 11.09.2005

Nach einer vollen Mütze Schlaf gibt es zum Frühstück den selbst gebackenen Kuchen. Nach einer halben Stunde schaffen wir es einen Anruf nach Deutschland einzuleiten, Papa hat Geburtstag. Dave und ich fahren anschließend nach Ann Arbor einen Mietwagen holen. Obwohl er 5 Wagen hat will er für unseren Railfan Trip lieber einen gemieteten Wagen "missbrauchen". Zurück in Livonia laden wir Lynne, seine Frau ein, und fahren nach Greenfield Village, ein von Henry Ford errichtetes Museumsdorf, in dem Teile der amerikanischen Geschichte gezeigt werden. Berühmte Häuser wurden hierher transportiert unter anderem das Geburtshaus der Wright Brüder, das Labor von Thomas Edison und und und. An diesem Wochenende fand auch das alljährliche Oldtimertreffen statt, während wir auf den im Dorf verkehrenden Museumszug warten, kamen wir mit Rich Maikowski ins Gespräch, der uns kurzerhand zu einer Rundfahrt mit seinem restaurierten 1930iger Ford einlud. Leider schließt das Dorf bereits um 17 Uhr, weswegen wir einiges nicht mehr ansehen konnten. Auf dem Gelände befindet sich auch "The Henry Ford", ein landesweit bekanntes Industrie- und Technikmuseum. Die dort ausgestellte Allegheny der C&O vermittelt mir einen ersten Eindruck über die Größe amerikanischer Eisenbahnen. Ansonsten ist die Einrichtung mit einem Verkehrsmuseum zu vergleichen, man findet allerhand interessante Autos (darunter auch der Wagen, in dem Kennedy erschossen wurde), Flugzeuge und landwirtschaftliche Maschinen. Auf der Rückfahrt besuchen wir Daves Mutter, eine herzensgute Frau, die mich am liebsten zum quatschen dabehalten will. In deren Garage steht Daves ganzer Stolz, ein Ford LTD 2, Baujahr 1978, 10.000 Miles auf dem Tacho, und nie einen Regentropfen gesehen. Zur angebotenen Fahrt um den Block kann ich nicht nein sagen. Auf der Rückfahrt sehe ich den ersten richtigen Güterzug, riesige Autoracks, viel größer als erwartet. Zu Hause laden wir Brittany, Daves Tochter ein, und fahren zu Joe Duquet, besser bekannt als Sprink aus dem Atlas Forum. Durch Zufall hatte ich erfahren, dass er auch in Livonia wohnt und er lud mich zu einem spontanen Besuch ein. Der ganze Keller ist voller Modellbahn, nach eigenen Schätzungen hat er über 350 Loks, da kommt so mancher Händler ins Schwärmen. Auch er und seine Familie sind herzensoffen, so was kannte ich aus Erzählungen nicht. Zu Hause noch schnell ein Sandwich gegessen, dazu eins der mitgebrachten Radeberger getrunken (Dave findet es scheußlich), dann ab ins Bett.

Montag, 12.09.2005

Nachdem das halbe Haus im Auto verstaut ist, starten wir gegen 10 Uhr nach Kanada. Wir überqueren die Grenze in Detroit, die Embessador Bridge die den Detroit River überspannt ist riesig. Auf der anderen Seite in Windsor, Ontario, fahren wir kurz ans Ufer, von wo aus man einen schönen Blick auf Detroit werfen kann. Über den Highway 403 fahren wir Richtung Toronto. In Kanada gilt auf Autobahnen 100 Km/h, riesige Schilder erinnern daran wie teuer eine Überschreitung werden kann. So richtig stört die Tempolimits aber niemanden, selbst wenn ich den Tempomat auf 115 Km/h einstelle werden wir links noch von LKW's überholt. Es überkommt mich ein ungutes Gefühl, wenn ein Großtankzug mit 8 Achsen am Auflieger knapp an mir vorbeizieht. Nach einem Mittagessen in Woodstock erreichen wir nach knapp 5 Stunden Hamilton, ON, von wo aus wir unser Tagesziel, die Niagara Fälle ansteuern. In der gleichnamigen Stadt, Niagara Falls, die ca. 72.000 Einwohner hat, parken wir unseren Wagen in einer Nebenstrasse. Dave verrät mir nicht genau wohin wir gehen, aber als wir nach 5 Minuten auf der Aussichtsplattform des Minolta Towers ankommen, eröffnet sich aus knapp 80 Metern Höhe ein atemberaubender Blick über die Fälle. Normalerweise kostet die Fahrt nach oben 6 Dollar, da aber niemand am Eingang stand, haben wir uns die gespart. Anschließend fahren wir Richtung Campingplatz. Durch einen zufälligen Blick in den Amtrak Fahrplan sehen wir aber, dass der Meaple Leaf von New York nach Toronto den örtlichen Bahnhof in einer halben Stunde passieren sollte, also machen wir einen Abstecher dorthin. Die Stationsvorsteherin sagt uns, dass der Zug wegen ungeplanter Zollkontrollen auf der amerikanischen Seite der Stadt 30 Minuten Verspätung hat. Gut, so habe ich Zeit das gegenüberliegende Greyhound Depot zu besuchen. Ein Bahnmitarbeiter teilt uns die kurz bevor stehende Ankunft des Zuges mit, also nehmen wir Position ein. Mein erster aus der Nähe betrachteter Zug in Nordamerika kommt schaukelnd über die Grenzbrücke, und ist so langsam, das genug Zeit bleibt die P42 mit ihren 5 Amfleet Wagen mehrfach abzulichten. Eigentlich wollten wir den Zug auch bei seiner Abfahrt ablichten, allerdings dauern auch die kanadischen Grenzkontrollen im Bahnhof lange, und nach einer weiteren halben Stunde verlieren wir die Geduld und fahren zum Zeltplatz. Nach dem Aufbau des Zeltes und einer Dusche fahren wir erneut in die Innenstadt um etwas zu essen. Nach einer Pizza und zwei Bierchen laufen wir hinunter zu den Fällen, die bei Nacht spektakulär beleuchtet sind. Ein faszinierender Anblick. Gegen halb 12 falle ich totmüde ins Bett und verpasse sogar die 5 CN Güterzüge die lärmend am Zeltplatz vorbeipreschen.

Dienstag, 13.09.2005

Der Tag startet mit einem leckeren "Breakfast in the Barn", untermalt von Musik und einigen Güterzügen. Dave hat im Fahrplan gesehen, dass gegen 10.30 ein weiterer Zug durch den Bahnhof kommt, also halten wir dort noch mal. Der Zug hat 10 Minuten Verspätung, es ist derselbe wie gestern auf der Rückfahrt. Während wir auf die Abfahrt warten, kommen wir mit einem Railfan ins Gespräch, der, wie sich herausstellt, aus Mannheim ist und ebenfalls einen Bahnurlaub unternimmt. Wir fahren Richtung Buffalo, wo wir wieder die Grenze zu den USA überschreiten. Wir fahren am Lake Erie entlang, und erfahren bei einem Tankstopp in North East, Pennsylvania von einem kleinen Eisenbahnmuseum am alten Bahnhof an der NS Mainline Buffalo - Chicago. Die Lake Shore Historical Societey hat dort einige interessante Fahrzeuge zusammengetragen, darunter eine NYC U25B und einen Little Joe der South Shore RR. Über die Interstate 79 fahren wir nach Süden Richtung Pittsburg, wo wir auf die I-76 wechseln. Diese verlassen wir in Somerset, und über weitere 15 Meilen Landstrasse erreichen wir unser Tagesziel Mance. Wie sich herausstellt ist die Wiese an der Sand Patch Grade, auf der wir Zelten wollten, eingezäunt, also fahren wir nach Fairhope, einem Dorf in der Nähe, wo uns ein Bewohner auf seiner Wiese zelten lässt und uns, obwohl wildfremd, seine Dusche zur Verfügung stellt. Unsere Schlafstätte liegt 50 Meter von einem BÜ an der stark befahrenen Strecke, allerdings kann ich entgegen anfänglicher Befürchtungen trotz des Lärms der vorbeifahrenden Züge gut schlafen.

Mittwoch, 14.09.2005

Wir packen schnell zusammen und fahren ein paar Meilen zum Falls Cut Tunnel, ein schöner Platz zum Fotographieren. Leider verpassen wir den morgendlichen Capitol Limited., 3 CSX und ein UP Freight in kurzen Abständen entschädigen uns aber. Nach 1 Stunde packen wir zusammen und fahren immer tiefer in die Provinz zum Sand Patch Tunnel. Unterwegs erwischen wir CSX 8513, eine SD50, die sich als Helper verdient macht und auf neue Arbeit wartet. Der Tunnel selbst ist nur per Fußmarsch durch dichtes Gestrüpp zu erreichen, dort angekommen spielen wir Gärtner und entfernen Unmengen störender Vegetation aus dem Sichtfeld. Leider erwischen wir einen sehr ruhigen Zeitraum auf der Strecke, in zwei Stunden kommt uns nur je ein East- und Westbound vor die Linse. Letzterer hat, typisch unamerikanisch, trotz seiner Länge und der Steigung nur eine AC4400 als Zuglok. Wir fahren Richtung Osten und halten in Glade City, einem weiteren kleinen Provinznest. Hier wird die Sand Patch Line der CSX von einer imposanten Stahlbrücke, ex WM und heute ein Biketrail, überspannt. Ein schöner Hintergrund für ein Bild, leider kommt hier in 2 Stunden kein Zug und wir brechen entmutigt auf. Wir fahren nach Meyersdale um etwas essbares zu kaufen und halten am gut erhaltenen Bahnhofsgebäude, welches von CSX als Materialdepot und Crewunterkunft genutzt wird. Hier haben wir etwas mehr Glück und bekommen einen langen Mixed vor die Linse. Gegen 19 Uhr sind wir zurück in Fairhope, wo wir unser Nachtquartier, ein kleines Ferienhäuschen beziehen. Nachdem ich geduscht habe und Dave das selbe macht gehe ich zum 50 Meter enntfernten BÜ und entdecke eine Aussichtsplattform, die dort am Hang einen schönen Blick auf die Strecke bietet. Anstatt vieler Züge kreuzen nur einige Autos die Strecke, allerdings grüßen alle Fahrer freundlich. Netter Menschenschlag hier draußen auf dem Land. Wir lassen den Abend in einer örtlichen Bar mit Burgern und Bier ausklingen.

Donnerstag, 15.09.2005

Nachdem bestes Fotowetter herrscht, beschließen wir auf der Aussichtsplattform zu frühstücken. Wir erwischen den eastbound fahrenden Capitol Limited und einen Westbound Freight mit Autoracks. Kurz darauf taucht ein MOW Truck auf, und die Schilder, die die Männer aufstellen, lassen uns schlimmes ahnen. Auf Nachfrage erfahren wir, dass das Westbound Gleis stundenweise wegen Reparaturarbeiten gesperrt wird. Nachdem sich ein weiterer Zug mit Autoracks den Berg empor gequält hat, wird der Hi-Rail Van aufgegleist und bietet ein letztes schönes Motiv hier. Wir fahren über Forstwege nach Foley, von wo aus man am Hang einen schönen Blick auf die Strecke hat. Nachdem auf beiden Gleisen MOW Fahrzeuge zu sehen sind, ahnen wir, dass evtl. vielleicht doch beide Gleise geschlossen sind. Dave meint jedenfalls, dass es auf der Strecke noch nie so ruhig war wie in den letzten Tagen und vermutet, dass ich Unglück bringe... Wir beschließen trotzdem bis 13 Uhr zu warten. Gerade, als wir darüber sprechen, hören wir ein lauter werdendes Grummeln. Ein Zug aus Autoracks, angeführt von 2 CEFX SD45 rollt den Berg hinab. Wir packen zusammen, gerade als wir am Auto sind, hören wir erneutes Brummen, also hechten wir noch einmal schnell in den Wald. Unser eigentliches Tagesziel heißt Deshler, Ohio, was wir in ca. 7 Stunden erreichen wollen. Auf dem Weg dorthin durchqueren wir Maryland und West Virginia. Da es in Ohio regnet, beschließen wir, Deshler auszulassen und direkt nach Livonia zu fahren, was wir gegen 22.30 Uhr erreichen. Blöderweise ist Lynne nicht zu Hause und Dave hat keinen Schlüssel, also müssen wir draußen warten. Zum Glück kommt sie kurze Zeit später und wir lassen die vergangenen Tage gemütlich bei einem Essen Revue passieren.

Freitag, 16.09.2005

Nachdem wir ausgeschlafen haben, fahren Dave und ich zum örtlichen Modellbahnhändler, wo ich mehr oder weniger kräftig zuschlage. Auf dem Rückweg halten wir kurz an einer CSX Strecke im Ort, und wir haben Glück, eine CP AC4400 kommt mit einem Intermodal vorbei. Den Rest des Tages spielen wir Karten und quatschen über Gott und die Welt.

Samstag, 17.09.2005

Da Dave etwas in der Stadt zu erledigen hat, fahren wir alle nach Downtown Detroit, allerdings hätte ich mir diese Fahrt sparen können, da ich nicht die typisch amerikanische Großstadt gefunden habe, die ich eigentlich erwartet hätte. In der Innenstadt wohnen fast nur Schwarze, viele davon in Armut. Im direkten Zentrum findet man einige moderne Skyscraper die Bank- und Konzernzentralen beherbergen, alle alten Hotels und Casinos sind verfallen und stehen leer. Auch die meisten Wohnhäuser sind in sehr schlechtem Zustand. Wer Geld hat, zieht in einen der Vororte, was die Stadt noch mehr verkommen lässt. Die Kriminalitätsrate ist hoch, an der neuen Amtrak Station (die alte steht seit Jahren leer), sind bei etlichen geparkten Autos die Seitenscheiben eingeschlagen - die Polizeiwache ist nur 100 Meter entfernt. Nichts wie weg hier denke ich. Ich rate jedem von einem Besuch in Detroit ab. Den Nachmittag verbringen wir in einer riesigen Mall in Livonia mit Shopping, Kleidung ist recht günstig hier. Am Abend besuchen wir erneut Joe Duquet, aus dem Kurzbesuch wird ein Quasselabend bis 3 Uhr morgens.

Sonntag, 18.09.2005

Das Wetter ist wieder super, also fahren wir nach Norden, und halten in LaPeer, einer Kleinstadt, 2 x täglich von Amtrak bedient. Wir erwischen ein paar CSX und CP Trains, gegenüber dem Bahnhof ist ein Industriekomplex, wo ein GE 44 Tonner der LaPeer Indstrial Railroad seine Wochenendruhe verbringt. Wir treffen Bob, Arbeiter im Werk und Besitzer einer der 3 am Bahnhof abgestellten Cabeese. Zu einer Führung durch seine restaurierte GT Caboose sagen wir nicht nein. Da am Wochenende im Werk Betriebsruhe herrscht, kann er uns keinen Cabride auf der Lok (er ist auch der Lokführer) anbieten - Schade. Wir verabschieden uns im richtigen Moment, denn auf dem Weg zum Auto hören wir ein Horn und wenige Sekunden später rauscht ein Mixed Freight durch den Bahnhof. Wir fahren weiter nach Durand, einer Kreuzungsstation, mit einem wunderschönen, restauriertem Bahnhof. Einen Besuch des Museums im Inneren kann ich nur empfehlen. Nachdem wir mehrere Switchjobs und Durchfahrten abgelichtet haben, machen wir uns gegen 19 Uhr auf den Heimweg.

Montag, 19.09.2005

Unsere zweite große Tour, diesmal nach Kanada, steht bevor. Wir haben knapp 500 Meilen vor uns, deswegen starten wir zeitig. In Grayling, MI, machen wir eine kurze Pause und besichtigen den örtlichen Bahnhof, in dem die Crowford County Hist. Society ein kleines Heimatmuseum eingerichtet hat. Eine Mitarbeiterin sagt uns, dass wir den täglichen Local der Michigan Central Railroad um20 Minuten verpasst haben. Weiter geht es nach Norden. In Mackinaw City überqueren wir auf der gleichnamigen Brücke die Straße von Mackinac, die den Lake Michigan mit dem Lake Huron verbindet. Wir verlassen die I-75 und fahren nach Trout Lake, einem kleinen Ort im Niemandsland, in dem wir direkt an der Straße ein Gespann der Wisconsin Central aus SD45, GP38 und SD40 erwischen. Wir beschließen trotz des Regens etwas hier zu bleiben, nach 15 Minuten setzt sich das Gespann aber Rückwärts in Bewegung und auch wir fahren weiter. In Sault Ste. Marie überqueren wir die kanadisch - amerikanische Grenze, über den Transcanada Highway 17 fahren wir entlang des Lake Superior nach Norden, 200 Kilometer ohne jegliche Zivilisation. Gegen 20 Uhr erreichen wir Wawa, eine Gemeinde mit 3700 Einwohnern, tief in der Provinz. Dave hat hier einen Bekannten, Gary Montgomery, der uns für die nächsten 3 Tage beherbergen wird. Wir lassen den Abend erneut mit Bier und Gesprächen ausklingen...

Dienstag, 20.09.2005

Wir brechen zeitig auf, dass heißt wir versuchen es, nach unserer durchzechten Nacht kommen wir nicht so recht aus den Betten. Wir fahren den Highway 17 entlang nach Norden, nach einer Stunde biegen wir auf eine Schotterpiste, die uns nach Franz, einer Kreuzungsstation im Nichts bringen soll. Auf dem Weg dorthin halten wir an einem BÜ, und beschließen auf wenigstens einen Zug zu warten, die Strecke ist laut Dave stark befahren. Anscheinend bringe ich wirklich Unglück, denn auch nach 2 Stunden ist nichts zu sehen. Nach einer weiteren halben Stunde kommen zwei SD40 mit einem langen MoW Zug aus Flatcars mit Baumaschienen und Schlafcontainern. Wenigstens etwas. Bevor wir nach Franz fahren, machen wir kehrt und fahren nach Dubreuilville um etwas zu Essen zu fassen. Das Bahnhofsgebäude von Franz wurde hierher versetzt und dient als Souvenierladen und Touristeninformationen. Franz selber ist zwar auf der Karte verzeichnet, aber kein Ort im eigentlichen Sinne. Erreichbar über knapp 30 Kilometer Schotterstrasse, findet man dort ein paar Baracken und einen kleinen Yard, sowie einen Diamond Crossing, wo sich CP und CN (ex Algoma Central) kreuzen. Einige Bahnarbeiter erzählen uns von ein paar Westbounds, die in den nächsten Stunden vorbeikommen sollen. Es kommen einige Züge in enger Folge, ein Eastbound der später vorbeieilt hat eine Hybridlok von Rail Power im Consist. Hier ist also etwas los. Das Fundament eines Wasserturms am Crossing lässt erahnen, dass hier mal eine etwas größere Station war. Ein weiterer Eastbound der CP verlässt etwas später den Yard, angeführt wird er von einer Redbarn genannten SD60F, dahinter erwischen wir eine echte Rarität, eine GP-9 mit Low Hood. Gegen 17.30 kommt mit einer halben Stunde Verspätung der "Lake Superior", ein VIA Service aus 2 RDC`s aus Richtung Osten. 5 Minuten später gleist ein Bahnarbeiter seinen Hi-Rail Van auf um "nach hause" zu fahren. Für uns fragt er über Funk beim Dispatcher nach weiteren Zügen heute. Da in den nächsten 2 Stunden keine geplant sind, fahren wir zurück nach Wawa, beschließen aber wieder zu kommen. Der Abend wird nicht allzulang, da wir morgen zeitig aufstehen wollen.

Mittwoch, 21.09.2005

Wir verlassen Wawa gegen 7.30, erst heute merke ich, dass es bis Franz knapp 90 Kilometer sind. Wir haben beste Sonne, der erste Zug des Tages ist ein Intermodal mit AC4400 und SD90. Interessehalber zähle ich die Wagen, und komme auf 90. Da die Züge recht flott über das Diamond Crossing fahren, entsteht nicht nur Riesenlärm, die Wagen schwanken auch beängstigend hin und her. Dem Zug folgt 10 Minuten später der Gegenzug des "Lake Superior", die selben beiden RDC's wie gestern Abend. Da der Block noch nicht frei ist, muss er am Signal warten und bietet so die Möglichkeit für mehrere schöne Aufnahmen. Dave läuft zum Ende des CP Yards um dort ein paar Aufnahmen zu machen. Ich unterhalte mich derweil mit einem Bahnarbeiter, der mir erzählt, das Franz einmal ein Ort mit 350 Einwohnern, zwei Hotels, Schule, Bank und vieler Wohnhäuser war. In den 60iger Jahren, als die Technologisierung die Bahn erreichte und viele Menschen aufgrund Arbeitsmangels wegzogen, wurde das Dorf aufgegeben. Einige Gebäude, darunter die Schule, stehen noch, sind aber verfallen. Zwei dienen als Unterkunft für Bahnarbeiter. Gegen 15.30 kommt wohl das Highlight des heutigen Tages vor die Linse, ein Mixed mit 102 Cars und 8 Loks. Schon vor Jahren hat Dave heraus gefunden, das die 4 Lampen in einem Schaltkasten direkt am Crossing die Belegtmelder für die 4 vom Crossing ausgehenden Gleise sind, und uns so anzeigen, wann ein Zug kommt. Gegen 16 Uhr ziehen dunkle Regenwolken auf, wir hoffen dass es noch etwas trocken bleibt, um den täglichen Passenger Train der Algoma Central abzulichten. Unsere Hoffnungen werden erfüllt, und karz nach halb 5 rollt eine CN GP40W mit 3 Passenger Cars durch die Station. Obwohl die Algoma Central Railway seit über 10 Jahren nicht mehr existiert, sie wurde erst von der Wisconsin Central, und diese dann von der CN geschluckt, wird der Name aus Prestigegründen beibehalten, ein täglich verkehrender Excursion Train zum Algoma Canyon ist landesweit bekannt und sehr beliebt, der tägliche Passenger nach Huerst überlebte nur durch staatliche Zuschüsse. Da es inzwischen 17 Uhr ist, und keine weiteren Züge angekündigt sind, fahren wir zurück.

Donnerstag, 22.09.2005

Wir verlassen Wawa zeitig am Morgen, eigentlich hatten wir geplant nach Chicago zu fahren und dort bis Freitag zu bleiben. Leider machte uns das Wetter einen Strich durch die Rechnung. Da es überall bis zum Wochenende regnen soll, beschließen wir nach Livonia zurück zu fahren und uns Chicago für meinen nächsten Besuch aufzuheben. Bevor wir in Sault Ste. Marie die Grenze überqueren, besuchen wir den dortigen Yard der Huron Central Railroad, und dürfen auf Nachfrage das Bahngelände betreten, um die zwei dort stehenden SW1500 abzulichten. Gegen 20 Uhr kommen wir müde, aber zufrieden in Livonia an.

Freitag, 23.09.2005

Da wir unerwartet schönes Wetter haben, machen wir einen Kurztrip nach Jackson, MI, eine Kleinstadt mit restauriertem Bahnhof, wo Amtrak 3 tägliche Zugpaare halten lässt. Der erste, aus Chicago ist fast pünktlich, eine P42 schiebt 4 Horizon Cars und eine NPCU in Phase 3 Lackierung Richtung Detroit. Knapp 30 Minuten später rollt der Gegenzug, ebenfalls mit einer NPCU am Ende, ein. Das sollte nun der letzte Zug auf dieser Reise sein, am Abend besuchen wir noch mal eine örtliche Lokalität und lassen den letzten Tag in den USA gemütlich ausklingen. Der Rückflug von Samstag auf Sonntag gestaltete sich dann absolut problemlos, der deutsche Alltag hatte mich nun wieder...