Black Mesa & Lake Powell

Die Black Mesa & Lake Powell Railroad ist eine 78 Meilen lange, elektrifizierte Hauptstrecke, die im Nordosten Arizonas Kohle von einer Mine bei Kayenta in die Navajo Generating Station nach Page bringt. Ich hatte im Oktober 2010 die Möglichkeit, die Bahn zu besuchen und habe von George Watson, Manager Railroad Operations bei NGS, eine Führung durch die Anlagen in Page bekommen. Die Strecke hat keine Verbindung zu anderen Bahnen, alle Fahrzeuge müssen auf der Straße aus Williams, AZ, gut 200 Kilometer entfernt, her transportiert werden. Das macht die Anschaffung von Fahrzeugen erheblich teurer als anderswo. Bedingt durch die Isolation ist die Bahn aber fast autark – die knapp 100 Mitarbeiter machen praktisch alles selbst, sei es die Instandsetzung der Loks und Wagen, bis zu Gleisarbeiten. Für die Wartung steht eine voll ausgestattete Lok- und Wagenhalle mit Absenkgrube und Bohrwerk sowie eine Unterflurdrehbank zur Verfügung. In den Händen der Bahnmitarbeiter liegt auch die Betreuung des 30 Tage Kohlevorrats am Kraftwerk, auf den bei Betriebsstörungen oder Wartungsarbeiten zurück gegriffen wird. Zur Zeit sind die Mitarbeiter damit beschäftigt, nach und nach die 4000 hölzernen Oberleitungsmasten auszutauschen, weil diese langsam das Ende ihrer Lebensdauer erreicht haben. Bereits ersetzt wurden die ursprünglich verbauten Betonschwellen gegen solche aus Holz, weil erstere, so zeigte sich, mit dem verwendeten Schotter wenig Halt boten und es zu Verwerfungen kam. Gebaut wurde die Strecke in den frühen siebziger Jahren, da das Kraftwerk, dass sie beliefert, genügend Strom herstellt, war die Entscheidung, die Bahn elektrisch zu betrieben nicht weit her. Zugute kam auch hier wieder die Abgeschiedenheit, denn Kraft- und Schmierstoffe müssen ebenfalls über größere Entfernungen heran geschafft werden. Für den Betrieb standen zu Anfang 6 von General Electric gebaute Loks der Reihe E60CF zur Verfügung. Diese entsprechen technisch den für Amtrak gebauten E60CP, haben aber nur einen Führerstand und sind für eine Spannung von 50000 Volt ausgelegt. Es gibt bzw gab nur 4 Bahnen weltweit mit dieser Spannung. Ursprüngliche Planungen sahen einen automatischen Betrieb vor, Bedenken wegen der Sicherheit zerschlugen diese Pläne aber schnell, an der Strecke gibt es einige Bahnübergänge, das Risiko wäre zu groß gewesen. So fahren die Loks mit 2 Mann Besatzung, haben aber, sonst unüblich in den USA, eine Totmannschaltung installiert.
Ausserdem ist die Besatzung angehalten, sich alle 10 Meilen bei der Betriebszentrale zu melden. In den Anfangsjahren waren immer zwei Züge mit je zwei Loks auf der Strecke, es zeigte sich aber schnell, das die Loks dadurch zu schnell verschleißen. So stellte man den Betrieb recht schnell auf nur einen Zug mit 4 bis 5 Loks um, in dieser Konfiguration verkehrt er bis heute. Im Normalfall werden 3 Roundtrips pro Tag gefahren, jeweils früh, mittags und abends. Dienstags entfällt der Mittagszug um die Strecke für Wartungsarbeiten frei zu haben. Da die Höchstgeschwindigkeit selten über 40 MPH liegt, braucht der Zug für eine Strecke ca. 2.5 Stunden, mit Be- und Entladevorgängen dauert eine Runde 7 bis 8 Stunden, genau eine Schicht für die Lokmannschaft. Während die Beladung in Kayenta von den Minenarbeitern durchgeführt wird, erfolgt die Entladung in Page durch das Lokpersonal. Während ein Mann (bzw. Frau, es gibt eine Lokführerin) an Bord bleibt, geht der zweite in die Entladehalle und betätigt die Druckluftventile an jedem Wagen, wodurch sich die Ladeluken über der Grube öffnen. Das ganze geschieht 90 mal. Von den 90 Wagenladungen gehen 83 direkt ins Kraftwerk, das mit seinen drei 750 Megawatt Blöcken gut 1000 Tonnen Kohle pro Stunde verbrennt, die anderen 7 Wagenladungen wandern auf den erwähnten 30 Tage Vorrats Berg. Nachdem der Zug entladen ist erfolgt ein kurzer Bremsentest, dann geht es wieder in Richtung Kayenta. Von den 6 originalen Loks ist heute nur noch eine im Einsatz. 4 sind als Ersatzteilspender abgestellt, eine wurde erst im August ins Eisenbahnmuseum von Williams, AZ gebracht. Von der Interstate kann man sie erkennen.
Schon vor einigen Jahren schaute man sich nach Ersatz um und wurde ausgerechnet in Mexiko fündig. Die NdeM, die staatliche Bahngesellschaft Mexikos, plante in den achtziger Jahren ein umfangreiches Elektrifizierungsprogramm und bestellte 39 Loks der Rehe E60C-2 bei General Electric. Die meisten davon kamen jedoch nie zum Einsatz und waren jahrelang abgestellt. Neben anderen Bahnen aus den USA und Kanada kaufte die BM&LP 8 der Loks und überführte sie nach Page. 2 waren von vorn herein als Ersatzteilspender vorgesehen und stehen heute auf Holzschwellen abgestellt auf dem Bahngelände. Die anderen 6 wurden von 25kV auf 50kV umgebaut und bilden heute das Rückgrat der Bahn. Alle Loks haben ihre original mexikanischen Nummern behalten und bis auf eine auch die originale Lackierung mit den großen NdeM Schriftzug. Nur EA036 wurde im Rahmen eines Wettbewerbs unter den Mitarbeitern mit einer neuen Lackierung versehen – diese ist allerdings wenig gelungen, inzwischen hat man entschieden, alle Loks wieder mit dem originalen blau/weiß/rot der Bahn zu lackieren.

Nach und nach werden auch die ursprünglichen Wagen ersetzt, erst kürzlich lieferte Freightcar America 39 neue Aluminium Hopper, bei denen sich aber schon nach kurzer Zeit Risse an den seitlichen Längsträgern zeigten. Da der Hersteller sich wenig kooperativ zeigte, ersetzte man die Träger im eigenen Shop gegen solche aus Stahl. Dadurch, das die Bahn im Navajo Reservat liegt, unterliegt sie nicht den Regularien der FRA, trotzdem hält man sich freiwillig an die Auflagen, Sicherheit wird groß geschrieben. Deshalb hat man den Loks kürzlich auch Ditch Lights verpasst, was die Sicht für die Crew bei Nach erheblich verbessert hat. Die Wagen bekamen seitlich reflektierende Streifen damit man sie im Dunkeln auch von der Seite besser sieht, größere Unfälle gab es bei der Bahn zum Glück noch nie, die meisten Opfer bisher waren Kühe und Pferde. Die Kohlevorräte in Kayenta reichen noch für mindestens 30 Jahre, so lange ist die Zukunft der Bahn auf jeden Fall gesichert. Einen Besuch ist sie allemal wert!
 
 

Der Loader bei Kayenta, AZ

Eindringliche Warnung

Das Kohlelager in Page reicht für etwa 30 Tage

Blick in die Entladegrube in Page

4 der orignalen E60CF sind in Page abgestellt

#5301, einziger Diesel im Roster

Die beiden Ersatzteilspender

EA022 und EA039 warten auf neue Aufgaben

Die letzte verbliebene E60CF vor dem Shop

Nicht schön, aber selten - EA036 in ihrer "Versuchslackierung"

Ausfahrt des Leerzuges in Richtung Kayenta