USA 2006

Update on 11.08.2006



Vom 08.06.2006 bis 27.06.2006 war ich wieder bei meinem Freund Dave Mrozek in Livonia, MI eingeladen. Dieses Mal waren unsere Anziehungspunkte der Magnolia Cutoff in West Virgina sowie die Gegend um Chicago, IL. Neben dem allgemeinen Reisebericht findet Ihr hier Zusatzinformationen zu einigen Interessanten Punkten die wir besucht haben.

1. Der Magnolia Cutoff

2. C&O Canal

3. Die besten Bilder im Online Album


Reisebericht
Ein Klick auf die unterstrichenen Wörter öffnet die passenden Bilder in einem neuen Fenster

Donnerstag, 08.06.2006

Nachdem ich die ersten 3 Tage meines vierwöchigen Urlaubs in Berlin verbracht habe, geht’s heute endlich los. Ich habe seit Montag versucht, mich mit diversen Aktivitäten, darunter auch ein Besuch im LOXX und im neuen Hauptbahnhof, abzulenken. Die Aufregung ob der bevorstehenden Reise stieg aber fast stündlich. Meinen derzeitigen vierstündigen Aufenthalt in London-Heathrow nutze ich, um erste Zeilen zu schreiben. Bis hierhin ging, zum Gegensatz im letztem Jahr, alles glatt, und ich hoffe, dass das auch diesmal so bleibt. Natürlich dürfen die obligatorischen Bilder aus dem Flugzeug nicht fehlen.

Gegen 17 Uhr Ortszeit habe ich die Koffer in der Hand und bewege mich Richtung Telefon. Der Versuch, Dave anzurufen, schlägt aber, warum auch immer, fehl, da meine Kreditkarte nicht akzeptiert wird. Ich vermute einen Bedienfehler... Eine nette Dame gibt mir etwas Kleingeld und nach 20 Minuten kommt Dave mich abholen. Der Abend endet mit etwas Smalltalk auf der Terrasse und die Nacht bringt sehr erholsamen Schlaf.

Freitag, 09.06.2006 und Samstag, 10.06.2006

Die nächste beiden Tage sind sozusagen frei. Wir beschließen, Freitag mittag in eine Sportsbar zu gehen und das WM Eröffnungsspiel anzuschauen. Ich bin überrascht, wie viel Interesse dieser doch sehr europäische Sport hier, wenigstens zur WM, weckt, und noch viel mehr, wie viele Besucher DFB T-Shirts anhaben. Den Abend füllen wir mit ein paar Runden Beach Volleyball und einem anschließenden Besuch bei Joe Duquet im Atlas Forum Sprink genannt, den ich letztes Jahr getroffen habe, und den ich inzwischen auch Freund nennen kann. Samstag beginnen wir unsere Trips zu planen und stellen schnell fest, dass auch 3 Wochen eigentlich zu wenig sind. Gegen Mittag fahren wir nach Ann Arbour, unseren Mietwagen abholen. Wir erinnern uns, der amerikanische Railfan nimmt für seine Trips meistens nicht sein eigenes Auto. Wer weiß, wo man lang fährt... Hertz spendiert uns einen fast neuen Ford Fusion, schönes Auto. Der Nachmittag wird mit weiterer Planung gefüllt, unterbrochen von einem Ölwechsel, den Dave, so erfahre ich, alle 3000 Kilometer macht. Bei einem Preis von 10 Dollar für 5 Liter Öl inklusive Filter fällt das kaum ins Gewicht. Am Abend spielen wir alle zusammen Euchre, ein Kartenspiel.

Sonntag, 10.06.2006

Wir starten gegen 9 Uhr, das Navigationssystem nennt unser Ziel, Paw Paw in West Virginia, 435 Meilen entfernt. Zwischen Toledo und Cleveland verlassen wir die Interstate, weil Dave mir das Örtchen Oak Harbour zeigen möchte, einer seiner Lieblingsstandorte für eine Tagestour. Hier steht noch heute das alte Bahnhofsgebäude. Wir fahren auf Highway 2 weiter Richtung Cleveland und bemerken einen NS Freight, der parallel zu uns fährt. Wir versuchen ihn einzuholen und verlassen den Highway in Vermillion, kommen aber leider zu spät. An einem Bahnübergang im Ort fährt uns der Zug vor der Nase weg, er wird dabei gleichzeitig noch von einem anderen auf dem zweiten Gleis überholt. Kurz vor dem Ziel, in Cumberland, MD, tanken wir ein letztes Mal und beobachten währenddessen ein paar CSX Switcher, die im Ort rangieren. Gegen 18 Uhr erreichen wir Paw Paw. An der zentralen Tankstelle erfahren wir, dass der von uns im Internet gefundene Campingplatz etwas außerhalb liegt. Auf dem Weg dorthin erscheint im Wald plötzlich ein Schild. Wir ahnen Schlimmes und es bestätigt sich, dass der Avalon Campground ein FKK Zeltplatz ist. Und das im prüden Amerika! Da sich Dave damit nicht wirklich anfreunden kann (ich hätte kein Problem, da ja kein FKK Zwang besteht) und für Nichtmitglieder des nationalen Nudistenverbandes 25 Dollar extra am Tag fällig sind, beschließen wir, unser Glück woanders zu suchen. Glücklicherweise gibt es mitten in Paw Paw ein kleines Hostel, auf dessen Gelände man auch Zelten kann. Für 7.50 Dollar pro Nase und Tag ist das ganze auch recht günstig und wir beschließen die nächsten 4 Tage hier zu bleiben. Nachdem unser Zelt aufgebaut ist, gibt uns J.D., der Besitzer, ein paar Informationen zum Cutoff. Anschließend statten wir der American Legions Bar, die vom Veteranenverband  betrieben wird, einen Besuch ab.

Montag, 12.06.2006

Wir stehen bereits 6.30 Uhr auf, das Wetter ist nicht das Beste. Da wir den Tag aber hauptsächlich zum Erkunden nutzen wollen ist das nicht so schlimm. Bevor der Magnolia Cutoff gebaut wurde, führte die Strecke durch Paw Paw, wo das heute noch stehende Bahnhofsgebäude als Lager für Bahnarbeiter dient. Das alte Gleisbett ist seit dem Abbau der Strecke 1961 eine Schotterstraße entlang des Potomac und ein paar Bahnarbeiter sagen uns, dass man auf diesem Weg den gesamten Cutoff abfahren und die ganzen Fotopunkte erreichen kann. Bereits nach 500 Metern, unser Zelt ist noch in Sichtweite, kommen wir zum Carothers Tunnel. Nachdem uns hier ein Eastbound vor die Linse kommt, fahren wir zum östlichen Ende des Tunnels, wo ins in recht kurzer Zeit, knapp 2 Stunden, gleich 6 Züge vor die Linse kommen, darunter auch der Eastbound Capitol Limited und ein Unkrautvernichtungszug. Wir fahren weiter und unterqueren erstmals die neue Strecke, die hier auf einer großen Stahlbrücke den Fluss überquert und dann in einen Tunnel mündet. Auf dessen anderer Seite wird auf der Magnolia Bridge erneut der Potomac gekreuzt, der Fluss macht hier einen großen Bogen, dem wir folgen müssen. Auf der anderen Seite angekommen treffen wir Bob,  Architekt im Ruhestand und Bahnfan. Er erklärt uns einiges zur Strecke, darunter auch die Signale der B&O, die noch heute ihren Dienst tun. Sie leuchten nur auf, wenn sich ein Zug nähert. Dafür wird dann aber auch der Status des Gegengleises angezeigt, wobei rot bedeutet, dass der folgende Block belegt ist, sich also ein Zug nähert. Bob und ich laufen auf die Magnolia Bridge und sehen von hier aus die alte Brücke der Western Maryland, die in knapp 1 Kilometer Entfernung den Fluss überquert. Auf unserem Weg weiter Richtung Nord-Ost unterqueren wir die WM Brücke und laufen kurz den Hang rauf, um die Strecke zu sichten. Leider ist außer der zugewachsenen Brücke nicht mehr viel zu sehen.
Wir fahren weiter. Erneut macht der Fluss eine große Schleife, der wir folgen. Nach 10 Minuten unterqueren wir noch mal die alte WM Strecke und hoffen nun, irgendwann rechts wieder die CSX Strecke zu sehen. Wir biegen bei der nächsten Gelegenheit rechts ab, und wie es der Zufall will, kommen wir kurz vor dem Westportal von Randolph Tunnel ans Gleis. Wir gönnen unseren Körpern etwas Bräune. Nach einer halben Stunde kommt auf dem Westbound Gleis, in falscher Richtung, ein MoW Truck, gefolgt von einem Intermodal auf dem anderen Gleis. Die Zeit zwischen den Zügen verbringen wir mit Sonnenbaden und Lesen. Nachdem ein letzter Westbound zum Vorteil für uns auf dem falschen Gleis vorbeigefahren ist, machen wir uns auf den Weg zurück. Wir stoppen an Magnolia Bridge. Gerade als wir unsere Badesachen aus dem Auto holen wollen, hören wir Rumbling. Also schnell rauf zum Gleis gerannt, und wie das Glück so spielt, erwischen wir einen wahren Leckerbissen: Ein Lokzug mit 12 Maschinen, angeführt von zwei Nagelneuen ES44DC´s, auf dem Weg nach Cumberland. Anschließend gönnen wir uns endlich das erfrischende Bad im Potomac. Der Abend endet wiederum in der American Legions Bar. In der Dämmerung machen wir eine kleine Wanderung zum C&O Canal Tunnel, später dazu mehr.

Dienstag, 13.06.2006

Wiederum beginnt der Tag 6.30 Uhr, strahlend blauer Himmel verspricht bestes Fotowetter. Wir kaufen etwas zum Frühstück und machen uns auf den Weg. Erste Station ist heute Kessler Bridge, westlich Graham Tunnel. Wir hoffen, in bestem Licht den Capitol Limited zu erwischen. Bis 9 Uhr bekommen wir 3 East- und einen Westbound vor die Linse. Das besondere an dieser Stelle ist, dass die Grenze zwischen Maryland und West Virginia genau in der Flussmitte verläuft und die Strecke die 180° Biegung des Potomac schneidet. Während ein Zug diesen Abschnitt passiert, durchfährt sein mittlerer Teil im Graham Tunnel Maryland, der Anfang und das Zugende sind aber in West Virginia. Kurz nach 10 Uhr kommt der Capitol mit knapp einstündiger Verspätung und wir machen uns anschließend auf den Weg zum Randolph Tunnel. Am Ostende von Graham stoppen wir noch einmal, erwischen hier aber keinen Zug. Unterhalb Magnolia Bridge war einmal der Ort, der der Strecke ihren Namen gab. Leider ist davon nichts mehr zu sehen. Gegen Mittag erreichen wir Randolph Tunnel. Leider fährt uns gerade eine Eastbound Intermodal vor der Nase weg. Erst anderthalb Stunden später kommt erneut ein Zug, diesmal Westbound – nicht optimal wegen dem Stand der Sonne, aber besser als gar nichts. Eine GP35 und eine GP40 ziehen ganze 5 Wagen. Und dafür ist man in der prallen Sonne ans Gleis gerannt... Da sich keine weiteren Züge ankündigen, nehmen wir erneut ein Bad im Potomac und beschließen, bei Carothers Tunnel Stellung zu beziehen. Leider kommt auch hier kein Zug. Zwischen Carothers und Kessler führen alte und neue Strecke parallel. Um den Höhenunterschied auszugleichen wurde eine 1 Kilometer lange Betonmauer gebaut. Auch hier verrät die eingegossene Jahreszahl das Baujahr 1914. Über eine Treppe kann man zu den Gleisen emporsteigen. Wir beschließen, hier auf den Westbound Capitol zu warten, der dann gegen 18.45 auch eintrifft. Just an dieser Stelle haben ein paar Hillbillys, wie Dave sie nennt, einen Reifenschaden und bitten uns, mangels eigenem Werkzeug, unseres zu mobilisieren. Also den Kofferraum ausgeräumt, um festzustellen, dass der Radmutternschlüssel bei ihrem Gefährt nicht passt. Also fahren sie die restlichen 4 Meilen auf der Felge weiter. Kurz danach führt eine CSX Dash 8 einen Coaltrain an, den wir noch mitnehmen. Wir wollen noch ein Bad im Fluss nehmen. Auf dem Weg zur Badestelle ist plötzlich eine Schildkröte mitten auf der Straße. Von Schlangen hatte ich gehört, aber so was? Wir helfen ihr etwas auf die Sprünge und setzen sie im Fluss aus. Der Abend endet, natürlich, in der Legions Bar.

Mittwoch, 14.06.2006

Wir starten wieder zeitig, es ist leicht diesig, aber im Großen und Ganzen verspricht es wieder ein schöner Tag zu werden. Wir beginnen unseren Tag erneut am Ostende von Carothers Tunnel, leider kommt in den ersten 2 Stunden nur ein Westbound. Verglichen mit den letzten Tagen jämmerlich. Zwischendurch sorgen ein paar Rehe für Abwechslung. Diese sind aber so scheu, dass selbst der Versuch, die Kamera ganz langsam zu packen, sie in die Flucht schlägt. Gegen 10 Uhr mache ich mich auf den Weg zum Postamt in Paw Paw. Natürlich verpasse ich gleich 2 Eastbounds in der Zeit. Eine Stunde später kommen auf dem Westbound Gleis zwei MoW Fahrzeuge, heute scheint also zur Abwechslung mal dieses Gleis gesperrt zu sein. Kurze Zeit später bestätigt sich dies. Auf dem Eastbound Gleis quält sich ein Coaltrain mit 160 Wagen Richtung Westen, angeführt von zwei SD80MAC und 2 AC60CW. Beim Zählen der Wagen fällt mir auf, dass ex Conrail Wagen „NYC“, also "New York Central“ Reporting Marks haben. Dave erklärt mir, dass alle ex-Conrail Fahrzeuge bei CSX diesen Schriftzug tragen, Norfolk Southern verwendet „PRR“ für die von Conrail stammenden Fahrzeuge. Kurz vor halb eins kommt erneut ein kurzer Local, angeführt von den schon bekannten GP35 und GP40. Wir beschließen einen Stellungswechsel, knapp 200 Meter weg vom Tunnel. Das Signal zeigt rotes Licht auf dem Eastbound Gleis, was uns auf einen Zug, vielleicht endlich den Capitol, hoffen lässt. Leider ist es wieder nur ein Güterzug. Wir fahren weiter zum Graham Tunnel, auch hier erwischen wir nur einen Westbound. Auf dem Weg zurück nach Paw Paw sehen wir den Capitol vorbeifahren – mit knapp 5 Stunden Verspätung. Nach einem kurzen Telefonat mit der Heimat fahren wir zum C&O Canal Tunnel, einer Meisterleistung seiner Zeit. Der Weg durch den Tunnel ist bei der Hitze erfrischend, für den Rückweg wähle ich den Tunnel Trail, der über den Berg führt, zwar in der Hitze, aber mit schöner Aussicht. Nachdem wir unsere Vorräte im Supermarkt aufgefüllt haben, fahren wir zum Westportal von Carothers Tunnel. Ein grünes Signal kündigt einen Zug an. Wir wagen es trotzdem, ein Stück weiter zu fahren. Kurz vor Kessler ist eine langgezogene S-Kurve, die ein schönes Motiv bietet. Nach kurzer Zeit hören wir „Rumbling“, allerdings nähert es sich sehr langsam und wird von einem lauten Heulton begleitet. Irgendetwas Außergewöhnliches nähert sich. Und siehe da, nach ein paar Minuten kommt ein Pandrell-Jackson Schienenschleifzug in Sichtweite, langsam vorankommend, mit einer riesigen Staubwolke im Schlepp. Bewegt wird der Zug von zwei EMD F40PH, die dem Amtrak Pendant zwar nicht wirklich ähnlich, aber doch baugleich sind. Als der Zug vorbei ist, bemerken wir, dass sich durch die Funken Gestrüpp an der Böschung entzündet hat, das wir natürlich sofort löschen. Bei der Vorbeifahrt des Feuerlöschtrucks 10 Minuten später wäre wohl schon der halbe Wald abgebrannt. Halb zufrieden ob der wenigen Züge begeben wir uns nach einem erfrischendem Bad und einer Dusche wieder in unsere „Stammkneipe“.

Donnerstag, 15.06.2006

Nachdem es in der Nacht geregnet hat, verspricht es heute wieder ein schöner Tag zu werden. Wir beginnen unsere Tour wieder am Carothers Tunnel, wo uns just als sich der Nebel verzieht, ein Eastbound Coaltrain vor die Linse kommt. Wir fahren weiter nach Magnolia Signal, wo ein Westbound mixed auf Weiterfahrt wartet und kurz darauf ein UP Coaltrain vorbeikommt, den ich vom Ufer des Potomac ablichte. Nachdem wir hier eine schöne Stelle mit Blick auf die Brücke gefunden haben machen wir sie zu unserem Standort für die nächsten Stunden. Gegen 10 Uhr kommt der Eastbound Capitol vorbei, wir fahren ein letztes mal nach Randolph, da wir hier aber einen Zug nur knapp verpassen, machen wir kehrt, und fahren zurück nach Magnolia. Dort erwischen wir den gerade bei Randolph verpassten Intermodal, da dieser wegen eines roten Signals warten musste. Auf der Brücke begegnet ihm der Local mit GP35 und GP40, den wir schon öfters gesehen haben. Kurz darauf kommt ein weiterer Mixed mit 4 Loks aus Richtung Osten. Erstaunlicherweise sind bei vielen Zügen mit 4 oder mehr Loks, wie diesem, die hinteren beiden Units abgeschaltet und laufen leer mit. Nach einer halben Stunde kommt ein Autorack Train auf dem falschen Gleis, wahrscheinlich wird wieder irgendwo gebaut. Nach einem kurzen Plausch mit einem „Anwohner“, niemand würde erwarten dass hier jemand wohnt, fahren wir kurz zum Einkaufen nach Paw Paw, um uns anschließend wieder an der Brücke westlich Graham Tunnels nieder zulassen. Nach einer halben Stunde rumpelt ein Autotrain, angeführt von einer Helm SD40-2 in westlicher Richtung über die Brücke. Ihm folgt nur 5 Minuten später ein Mixed mit 2 nagelneuen GEVO´s. Der Zug ist gerade entschwunden, da kündigt sich bereits der nächste an. Keine 5 Minuten hat es gedauert. Gegen halb 7 Uhr kommt der Westbound Capitol, diesmal mit 3 AMD 103 und einem Ohio Central Observation Car am Ende. Nachdem die Sonne hinter den Bergen entschwunden ist, fahren wir zurück nach Paw Paw. J.D. kommt noch einmal vorbei, allerdings nicht mit seinem Pick Up, sondern mit einem perfekt erhaltenen Lincoln Continental Mark V. Besonders Dave ist davon mehr als begeistert, J.D. bittet uns noch 10 Minuten zu warten, er wolle uns noch seinen anderen Schatz zeigen – ein Buick Electra 225 Limited, ebenfalls in perfektem Zustand. Nach einer Dusche fallen wir erschöpft ins Bett.

Freitag, 16.06.2006

Nachdem wir unser Zelt im Auto verstaut haben fahren wir ein letztes Mal zur Magnolia Bridge. Unser Plan war eigentlich, den Capitol hier noch einmal abzulichten. Die Amtrak Fahrplanauskunft spricht aber von 3 Stunden Verspätung, weswegen wir wenigstens auf ein paar Freights hoffen. Kurz nach unserer Ankunft kommt ein Mixed Westbound vorbei, immerhin etwas. Ein MoW Truck auf dem Eastbound Track lässt uns wieder Schlimmes ahnen. Natürlich fährt der folgende Coaltrain auf dem uns abgewandten Westbound Gleis. Nachdem auch ein zweiter Coal Train auf dem falschen Gleis fährt, entschließen wir uns entnervt, aber doch zufrieden, den Heimweg nach Livonia anzutreten. Beim Studium der in sogenannten Welcome Centern an Bundesstaaten Grenzen erhältlichen Broschüren fällt Dave auf, dass die Cuyahoga Valley Scenic Railroad auf unserem Weg liegt. Der Fahrbetrieb ist heute zwar schon vorbei, aber immerhin können wir die 3 RDC`s der Bahn in bestem Licht fotografieren. Unser Abendbrot, eine Pizza, verspeisen wir in Oak Harbour, wo uns gleich 3 Züge einen schönen Rahmen bieten. Gegen 23 Uhr kommen wir dann endlich in Livonia an. Das Wochenende füllen wir mit relaxen und dem Besuch der Graduation Party von Britneys Freund. Es ist hier üblich, nach Abschluss des Abiturs, eine solche Feier für Freunde und Familie zu geben.

Montag, 19.06.2006

Nachdem ich Dave überzeugt habe, dass angesagte örtliche Gewitter nicht mit Dauerregen gleichzusetzen sind, brechen wir gegen Mittag in Richtung Chicago auf. Gegen 16 Uhr Ortszeit, wir haben die Grenze zwischen Eastern und Central Time überquert, erreichen wir unser Tagesziel, den Dunes State Park in Chesterton, Indiana. Direkt am Lake Michigan findet man hier einen schönen Zeltplatz mit allem Drum und Dran.  Zudem ist ein Haltepunkt der South Shore Railroad nur eine knappe Meile entfernt. Wir bauen schnell unser Zelt auf und fahren anschließend nach Michigan City, weil die South Shore hier noch echtes street running „under wire“ betreibt. Wir haben Glück, denn wir sind gerade in eine Peak Hour geraten. In einer Stunde kommen gleich 3 Eastbounds aus Chicago, die wir an jeweils unterschiedlichen Orten ablichten.  Die Triebwagen sind japanischen Ursprungs und schlängeln sich mit bis zu 10 Wagen durch die Straßen der Stadt. Zurück in Chesterton kaufen wir eine Pizza und beschließen, diese am Strand von Lake Michigan zu verspeisen. Ein perfektes Ambiente, denn neben der im See versinkenden Sonne erhebt sich am Horizont die Skyline von Chicago, ein traumhafter Anblick. Nach einer langen Dusche gehen wir glücklich und zufrieden ins Bett.

Dienstag, 20.06.2006

Wir wachen gegen 6 Uhr bei strahlend blauem Himmel auf, und gönnen uns ein ausgiebiges Frühstück sowie einen Spaziergang am Strand. Anschließend fahren wir nach Chesterton, um Briefmarken zu kaufen. Am örtlichen Bahnübergang sehen wir den verspäteten Lake Shore Limited, schaffen es aber nicht, Bilder zu machen.  Da die Sonne günstig steht, fahren wir nach Beverly Shores, um die wohl schönste Station an der South Shore Strecke abzulichten. Zurück im Dune Park parken wir unser Auto auf dem riesigen P+R Parkplatz und warten auf den Zug. Pünktlich um 10.50 Uhr fährt er ein und wir nehmen direkt hinter dem Führerstand Platz, von wo aus man einen guten Blick auf die Strecke hat. Unterwegs treffen wir neben regulären Personenzügen auch Güterzüge, welche die South Shore aber mit Diesel fährt. Die Fahrt nach Chicago kostet 6.35 US-Dollar pro Person, die Bahn wird von der Stadt und dem Landkreis subventioniert. Nach knapp anderthalb Stunden verlassen wir den Zug an der Roosevelt Road, kurz vor dem Streckenende im Stadtzentrum. Die Roosevelt Road ist ein interessanter Anlaufpunkt für Bahnfans, weil sie sowohl die Rock Island Strecke der Metra als auch die Einfahrt von Union Station überquert. Nach einem leckeren Mittagessen ziehen dunkle Regenwolken auf und wir können nur eine knappe Stunde Fotos machen. Wir erwischen den Outh West Chief und den Empire Builder, ansonsten ist von Amtrak nicht viel zu sehen. Dafür ist Metra umso fleißiger, Züge für die Rush Hour vorzubereiten, wobei eine BNSF SW1200 hilft. Dann regnet es. Davon hat der Wetterbericht nix gesagt. Wir laufen zur Union Station, und schauen uns diese ausgiebig an. Danach beschließen wir einen „Ride on the L“ zu unternehmen. L ist der Spitzname der Elevated, der Hochbahn von Chicago. Diese hat in Stadtmitte den berühmten Loop, eine Rundstrecke von der alle Strecken abzweigen, nachdem die Züge den Loop einmal umrundet haben. An den Abzweigen gibt es teilweise spektakuläre Junctions und Wyes, alle noch von bemannten Towers aus gesteuert. Die Hochbahn ist im Prinzip mit der Berliner Kleinprofil U-Bahn zu vergleichen, nur findet man hier Kurvenradien, die man eher einer Straßenbahn zuordnen würde. Der Zug nimmt diese ächzend mit 10 km/h. Ob des Regens fahren wir die braune Linie einmal hin und zurück. Allerdings können wir keine Bilder machen, da es, wie wir freundlich aber bestimmt von einem Superintendent an einer Station erfahren, generell verboten ist, Fahrzeuge, Gleise etc. zu fotografieren. Aus Sicherheitsgründen, versteht sich. Unsere umfangreiche Kameraausrüstung erweckt auf der Rückfahrt nochmals das Interesse eines Sicherheitsbeamten, dem wir aber versichern, keine Bilder zu machen. Er gibt uns aber den Tipp, dass man als Bahnfan eine Genehmigung beantragen kann. Für das nächste Mal sicher eine Überlegung wert. Da es immer noch regnet, fahren wir schon eher zurück nach Chesterton. Gerade im Berufsverkehr ist die Anzahl der Züge hier beachtlich. Chicago ist ein Lichtblick, was den öffentlichen Schienennahverkehr angeht. Nach einem leckeren Abendessen und einer erfrischenden Dusche gehen wir ins Bett.

Mittwoch, 21.06.2006

Da das Wetter, wie erwartet, nicht besonders gut ist, wollen wir heute die Gegend um Hammond und den Südraum von Chicago mit dem Auto erkunden. Wir fahren auf Highway 12 westlich und stoppen an einem kleinen Bahnübergang zwischen Dune Park und Odgen Dunes, wo wir einen Westbound Shouth Shore Zug bei voller Fahrt erwischen. Trotz der nicht immer besten Gleislage fahren die Züge auf einem Großteil der Strecke ihre V-max von 79 mph aus, so auch hier. Wir fahren weiter nach Hammond, wo sich die Strecke fast idyllisch durch den Ort schlängelt. Wir erwischen je einen East- und Westbound Passenger sowie einen Westbound Freight mit zwei GP38. In Hammond hat die Indiana Harbour Belt einen Yard, wo wir zwei SW1200 bei ihrer Mittagspause ablichten. Ab Hegewisch läuft die Strecke nicht mehr parallel zur Straße, weswegen wir erst wieder am Bahnhof Kensington/115st auf sie treffen. Wir beschließen, hier ein paar Bilder zu machen. Blöderweise steht an jedem Bahnsteigende ein großer Schaltkasten, der die Sicht auf die Strecke verwehrt. So erwischen wir nur einen Metra Highliner und einen South Shore Electric am Bahnsteig. Auf einem Parallelgleis kommt uns dafür ein Canadian National Freight, angeführt von eine IC SD70I vor die Linse. Auch in Riverdale, der nächsten Station die wir besuchen, gibt es keine guten Fotomöglichkeiten. In der Nähe des Kensington Yards, wo die Strecke parallel zur Straße verläuft, finden wir eine geeignete Stelle und erwischen einen Highliner, just in diesem Moment zeigt sich auch die Sonne. Wir fahren ein Stück weiter, und finden an der State Street Station eine schöne Location. Die eingleisige Strecke hier ist ein Seitenarm der Main Line und wird stündlich befahren. Hier erwischen wir je einen Zug aus jeder Richtung. Anschließend wollen wir die Rock Island Line erkunden. Erster Anlaufpunkt ist 95th Street in Beverly Hills, wo uns ein Southbound, gezogen von einer MP36PHI, sowie ein Northbound mit einer der seltenen F40PH vor die Linse kommt. Die Zeit bis zur nächsten Begegnung überbrücken wir mit einer Fahrt nach 111th Street Station, wo wir wieder je einen North- und Southbound erwischen. Wir wollen zu allerletzt nach Graham, wo die Rock Island Main Line und die Branch zusammenlaufen. Die Station liegt allerdings über dem Straßenniveau, zudem gibt es keine Parkplätze und es beginnt zu regnen. Also fahren wir zurück zum Camp, müssen uns allerdings erst mit dem Chicagoer Berufsverkehr abfinden – schrecklich. Wir halten ein letztes Mal Bahnhof von Dune Park, um einen Eastbound Rush-Hour Train von der Brücke abzulichten, gegen 7 bekommen wir dann die langersehnte Dusche. Den Abend füllen wir mit einem Besuch einer örtlichen Bar.  Auf dem Weg dorthin sehen wir beim Überqueren eines Bahnübergangs die Headlights eines Freights, also beschließen wir zu warten. Der Zug nähert sich aber nicht, dafür kommen aus der anderen Richtung ein Intermodal sowie der Capitol Limited mit einem UP Pullmann Wagen im Consist. Kurz darauf setzt sich dann auch der wartende Freight in Bewegung.

Donnerstag, 22.06.06

Das Wetter sieht nicht besonders gut aus. Wir beschließen über den Vormittag nach Niles, MI zu fahren. Dieses Städtchen hat einen wunderschönen restaurierten Bahnhof. Hier erwischen wir je einen East- und Westbound der Linie Chicago – Detroit. Auf dem Weg zurück sehen wir in Dunes Park Station auf dem Siding einen Freight Train mit 3 GP38, den wir noch schnell ablichten. Die Wettervorhersage sieht nicht rosig aus, weswegen wir heute schon zurück nach Livonia fahren wollen. Wir machen einen Zwischenstopp in Kalamazoo, wo einer der letzten bemannten Interlocking Towers ein Diamond überwacht und ein schönes Motiv für einen Amtrak Zug bietet. Wir fahren ein Stück weiter nach Augusta, MI, wo wir auf den Passenger aus Chicago warten, der allerdings nicht kommt. In Augusta steht ein riesiger Coal Tower über dem Hauptgleis und wir beschließen, gutes Wetter vorrausgesetzt, morgen noch mal hierher zu kommen.

Freitag, 23.06.2006

Wir fahren noch mal für einen Tag nach Augusta, wo wir gegen 16 Uhr ankommen und an einem kleinen Bahnübergang auf den Eastbound Wolverine warten. Nachdem dieser, fast pünktlich, vorbei gekommen ist, fahren wir zum nahen Campingplatz und bauen unser Zelt auf. Wir haben dafür nicht viel Zeit, denn gegen 20.45 Uhr kommt der Blue Water hier vorbei. Wir erwischen ihn im besten Licht, und machen anschließend eine Wanderung zum knapp 1 km entfernten Coal Tower. Augusta liegt genau in der Mitte zwischen Chicago und Detroit, weswegen die NYC hier die Vorräte ihrer Dampfloks auffüllte. Der Coaling Tower überspannt die Hauptstrecke, was das Auffüllen der Vorräte direkt am Zug ermöglichte. Ein gewaltiges Bauwerk erhebt sich vor uns mitten im Wald und der einzige Grund, warum er noch steht ist wohl, dass sein Abriss zu teuer ist. Der Abend endet gemütlich mit Bier am Lagerfeuer.

Samstag, 24.06.2006

Wir brechen zeitig auf, denn der Mietwagen muss um 12 Uhr in Livonia sein. Wir haben aber trotzdem etwas Zeit für einen Stopp in Albion, MI, wo wir einen Eastbound NS Freight und den Blue Water vor dem schönen Ziegelsteingebäude des Bahnhofs ablichten. Anschließend geht’s dann wirklich nach Hause. Den restlichen Samstag verbringen wir mit Aufräumarbeiten und Faulenzen. Als Lynne abends die Fenster ihres PKW´s zumachen will, findet sie im Auto 2 Kartons, mit der Aufschrift „for Micha from Joe“. Bei näherer Betrachtung sind sie mit Modellbahnen gefüllt, Joe hat sie vorbeigebracht. Am Telefon sagt er mit, er bräuchte sie nicht mehr, und er wollte mir damit eine Freude machen. Das ist ihm gelungen. Der Koffer ist nun endgültig voll. Ich hoffe, ich bekomme keinen Ärger bei den Sicherheitskontrollen am Flughafen.

Sonntag, 25.06.2006

Ich habe Joe heute zum Lunch eingeladen, um mich zu bedanken. Nach dem Essen fahren wir noch mal zu ihm, um noch etwas zu fachsimpeln. Am späten Nachmittag sehen Dave und ich das Video, was wir in den letzten 2 Wochen aufgenommen haben an und resumieren die Zeit. Abends schnappen wir uns die Fahrräder und fahren zum Baseballstadium. Dort findet heute das Feuerwerk zum Indipendence Day statt. Da der Durchschnittsamerikaner am 4. Juli normalerweise aber im Urlaub ist, feiern die Städte ihre Partys schon ein oder zwei Wochen vorher. Die ganze Stadt ist auf den Beinen, um sich dieses Spektakel anzuschauen und ich muss gestehen, wenn die Amerikaner eines können, dann ist es Feuerwerk. Es ist außer am 4. Juli nicht üblich, Raketen in den Himmel zu schießen, nur in den Großstädten wie New York oder Chicago gibt es auch an Silvester Feuerwerk. Umso mehr waren wir erstaunt, als ich sagte, dass bei uns zu Neujahr praktisch jeder Geld in den Himmel schießt. Für Dave war der Abend weniger erfolgreich, da er nach einer kleinen Kollision mit einem Auto ein blaues Auge und schlechte Laune hatte. Shit Happens.

Montag, 26.06.2006

Der letzte Tag wird noch einmal kulturell genutzt. Es steht eine Besichtigung des River Rouge Plant von Ford in Dearborn an. Hier, wo die Geschichte von Ford begann, steht heute eine der größten und vor allem modernsten Automobilwerke der Welt. Eine Besonderheit ist, dass alle Fertigungsschritte an diesem Standort zusammengefasst sind. Per Schiff kommt Erz, dass im eigenen Stahlwerk zu Blechen verarbeitet wird. Auch die Scheiben und mechanische Bauteile werden aus Rohmaterialien selber hergestellt. Besonders stolz ist man auf den Umweltschutz. Fast alle Dächer sind bepflanzt, große Freiflächen sind mit Obstplantagen bepflanzt und die werkseigene Bienenzucht liefert 50 Gallonen Honig im Jahr. Das Abwasser wird recycelt, selbst Regenwasser wird umweltfreundlich abgeleitet und weiter verwendet. Strom entsteht zu Teilen aus Solaranlagen, Farbreste aus den Lackieranlagen werden recycelt und zu einem Kunststoffgranulat gepresst, aus dem Geländer entstehen. Das Werk ist ein Lichtblick im Anti-Umwelt Staat USA, auf den man bei Ford stolz ist. Stolz sind auch die Arbeiter, die in Videos während der Führung durch die Endmontagehalle von ihren Arbeiten berichten. „Ich bin stolz, die Airbags einzubauen, weil meine Arbeit Leben rettet!“, sagte ein Arbeiter, der den ganzen Tag nichts anderes tut, als Airbags ins Lenkrad zu stecken. Der Rundgang auf einer Art Empore bietet einen guten Überblick über die Endmontage des F150 Pick-Ups. Interessant ist das ganze allemal, aber am Ende nur schnöde Fließbandarbeit. Da trösten wohl auch die 30 Dollar Stundenlohn nicht wirklich. Nach einem leckeren Mittagessen bei Daves Mutter und etwas WM im TV fahren wir wieder nach Livonia. Am Abend spielen wir ein letztes mal Volleyball, ein gelungener Abschluss. Der Rückflug am nächsten Tag gestaltet sich wieder unproblematisch. Die ganzen Modellbahnen im Gepäck machen keine Probleme und nach 3 Wochen hat mich der deutsche Alltag wieder!