? zu MDC Roundhouse Boxcab Diesel

  • Man tut der Milwaukee unrecht wenn man von niedrigem Niveau in Zusammenhang mit der Elektrifikation spricht. Zum diesem Zeitpunkt war das absolut Stand der Technik und solid ausgeführt, viele andere Bahnverwaltungen - auch in Europa! - haben das 3000 V DC System dann auch übernommen. Die echten Schwierigkeiten begannen dann erst, da die Linie durch die Kosten der Pacific Extension und der kostspieligen Elektrifikation überschuldet war; sie hat sich nie mehr davon erholt. Wären nicht die Einsparungen durch den elektrischen Betrieb gewesen, wäre die Milwaukee möglicherweise schon in den dreissiger Jahren zugrunde gegangen. Irgendwann waren aber dann auch die unzerstörbaren Loks und Installationen aus der Anfangszeit aufgebracht und man hatte ja in modern anmutender Geschäftspolitik nichts beiseitegelegt, so dass man statt neue - teure - Eloks anzuschaffen lieber das Familiensilber (Kupfer) zu Geld machte und billige Dieselloks kaufte - die dann nochdazu bei der unzureichenden Wartung bald Probleme machten.

  • Zitat

    Original von DL109
    Die echten Schwierigkeiten begannen dann erst, da die Linie durch die Kosten der Pacific Extension und der kostspieligen Elektrifikation überschuldet war; sie hat sich nie mehr davon erholt.


    Naja... Es stimmt, das die Elektrifzierung die Bahn in den Riun getrieben hat. 1923 war sie sogar komplett insolvent. Allerdings wurde sie dann gleich als "Chicago, Milwaukee, St. Paul and Pacific" neu gegründet und begann, die Lorbeeren der Elektrifizieung zu ernten.


    Zitat

    Irgendwann waren Loks und Installationen aus der Anfangszeit aufgebracht


    Das stimmt so nicht. Michael Sol war Teil eines Ingenieurteams, das Anfang der siebziger Jahre den Zustand des elektrischen Systems beurteilen sollte. Seine Bericht ist HIER.


    Auszüge: Die Oberleitung war in gutem bis sehr gutem Zustand. Die Bahn hatte schon in den Anfangsjahren spezielle Schmierfette verwendet, die den Verschleiss des Fahrdrahtes fast auf null reduzierten. Das gleiche galt für die Substations, wo die meisten ebenfalls noch in gutem Zustand waren.


    Die Loks, hier geht es um die Little Joe´s, waren ebenfalls in gutem Zustand und keinesfalls am Ende ihres Lebens - es gab nur einfach zu wenig.


    Was einer dringenden Erneurung bedurfte waren die hölzernen Oberleitungsmasten, und, noch weitaus wichtiger, die Gleise. Die waren der Hauptsorgenpunkt, da sie in solch schlechtem Zustand waren, das es oft zu Entgleisungen kam, und die Zuggeschwindigkeiten weit unter dem Durchschnitt lagen.


    Zitat

    und man hatte ja in modern anmutender Geschäftspolitik nichts beiseitegelegt, so dass man statt neue - teure - Eloks anzuschaffen lieber das Familiensilber (Kupfer) zu Geld machte und billige Dieselloks kaufte


    Hätte man etwas Geld investiert, und den E-Betrieb aufrecht erhalten, wäre die Milwaukee als eine der wenigen Bahnen ohne großen Schaden aus der Ölkrise hervorgegangen...

    Micha



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  • Ich habe geschrieben: Irgendwann waren Loks und Installationen aus der ANFANGSZEIT aufgebraucht - offen bar bezieht sich M.S. wenn er schreibt " The remaining locomotives were not worn out, or even close to the end of their economic service life" ausschliesslich auf die Joes - da gab es halt nur zwölf, damit war kein Staat zu machen!


    Die Boxcabs, ohne die es aber nicht ging, fielen aber in ihren letzten Jahren buchstäblich auseinander, kann man ihnen auch nicht übelnehmen nach fünfzig Jahren härtestem Einsatz. Als sie neu waren hat niemand voraussehen können, was einmal von ihnen verlangt - und auch geleistet - werden würde. Die Westinghouse Boxcabs (Quills) waren von Anfang an problematisch, und die Bipolars haben bei der Modernisierung in den Fünfzigern offensichtlich mehr gelitten als profitiert ( Zitat: Wir haben die falschen Loks verschrottet - gemeint waren die Quills)
    Die Joes waren auch nicht wirklich das was sich die Milwaukee gewünscht hatte; der fixe Radstand war für die kurvenreiche Strecke zu lang was zu kontinuierlichen Problemen mit den Spurkränzen führte, die Anfahrzugkraft war beschränkt da einzelne Achsen leicht die Haftung verloren ( daher die GP Booster, das waren im entscheidenden Moment vier Achsen mehr) . Immerhin haben die Joes die Elektrifikation wieder für eine Zeitlang gerettet, die Loks die man gerne gehabt hätte ( BoBo+BoBo wie die Virginian El2b hätte man nicht bezahlen können. Die Joes hat man ja um eine Bagatelle gekauft, da hat man die Unzukömmlichkeiten gerne in Kauf genommen.
    Auch wenn die Komponenten teilweise gut in Schuss waren , es war alles bis auf die Joes fünfzig Jahre alt! Man stelle sich vor heute von einem Gerät aus den Sechzigern jeden Tag eine Leistung zu verlangen für die es ursprünglich nicht konzipiert war und dann noch Gewinn damit zu machen ...
    Bzgl. Burlington Northern, ich habe auch gehört das die Milwaukee damit teilweise besser zurecht kam als mit den
    Vorgängern, aus welchen Gründen auch immer.


    Es gibt auch die Geschichte, das bei der Stillegung der Pacific Extension alle im Westen verbliebenen Dieselloks trotz der Proteste des Personals "kalt" nach Osten verbracht wurden - bis dahin waren sie entweder gelaufen oder bei Stillstand im Geheizten Lokschuppen gestanden - sie kamen ALLE mit aufgefrorenen Motoren an.
    Da gab es ja dann immer die Gerüchte das die Linie mit Gewalt in den Ruin getrieben wurde; kann ich aber nicht kommentieren, mich interessiert mehr der technische Teil.

  • Sicherlich hätte man für die BoxCabs adequaten Ersatz beschaffen müssen, schireb ja, das es einfach zu wenig Loks gab. Auf der RM Division waren sie aber eh nur noch als Helper im Einsatz.


    Zitat

    Auch wenn die Komponenten teilweise gut in Schuss waren , es war alles bis auf die Joes fünfzig Jahre alt! Man stelle sich vor heute von einem Gerät aus den Sechzigern jeden Tag eine Leistung zu verlangen für die es ursprünglich nicht konzipiert war und dann noch Gewinn damit zu machen ...


    Alt ist nicht gleichbedeutend mit schlecht. Das elektrische System war alt, aber ist das ein Nachteil? Nein. Solange es zuverlässig funktioniert. Bei der DB wird heute auch noch Stellwerkstechnik die 50 Jahre und älter ist verwendet.


    Die zuletzt verwendete Komposition aus einem Joe und ein paar Dieseln war zwar nicht die Optimallösung, half aber trotzdem enorm Kosten sparen.


    Es spielten viele Faktoren beim unrühmlichen Ende ein Rolle, Management Fehler würde ich auf jeden Fall dazu zählen.


    Zitat

    Es wäre ja nicht nur so gewesen, dass bei der Milwaukee ausschliesslich die elektrifizierten Strecken eine Renovierung nötig gehabt hätten.
    Da war mehr hinüber. Ob das wohl gereicht hätte?


    Gute Frage. Wohl eher nicht. Aber solche "was wäre wenn" Spekulationen sind doch recht interessant...

    Micha



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  • Zitat

    Original von G26CW
    Wahrscheinlich war im Nordwesten der USA ganz einfach eine Transcontinental zu viel vorhanden.


    Streiche "wahrscheinlich". Im Nordwesten gab es mindestens eine Strecke zu viel, und die Milwaukee sass zeitlebens am schlechteren Ende. Haette es die Pacific Extension nicht gegeben waeren ihre Finanzen zeitlebens deutlich besser gewesen.

  • Zitat

    Original von mtnsub


    Streiche "wahrscheinlich". Im Nordwesten gab es mindestens eine Strecke zu viel, und die Milwaukee sass zeitlebens am schlechteren Ende. Haette es die Pacific Extension nicht gegeben waeren ihre Finanzen zeitlebens deutlich besser gewesen.


    Jein. Die M. war im Mittelwesten eingekreist - mit der Extension versuchte man da auszubrechen. Das war sicher berechtigt, die anderen "Granger Roads"( CGW, C&NW,...) haben ja auch nicht überlebt.


    Die M. hatte dann das Problem aller zu spät kommenden so wie die Western Pacific - die guten Kunden waren schon vergeben und die Branchlines die man eventuell aufkaufen hätte können waren auch schon weg. Das das überhaupt so lange gut ging ist der Elekrtifikation und der allgemein innovativen Betriebsführung zu verdanken.

  • Zitat

    Original von DL109
    Jein. Die M. war im Mittelwesten eingekreist - mit der Extension versuchte man da auszubrechen.


    Das ist aber ein ganz anderer Markt. Und das, was aus dem Pacific Northwest kam, also im wesentlichen Holz plus Im- und Export der Haefen, war schon zur Zeit des Baus der Pacific Extension gerade mal fuer die etablierten Roads ausreichend. Die MILW hat von Anfang an nur Ueberkapazitaet angeboten.


    Zitat

    Das war sicher berechtigt, die anderen "Granger Roads"( CGW, C&NW,...) haben ja auch nicht überlebt.


    Der wesentliche Unterschied ist, dass die Granger Roads aufgekauft wurden. Die MILW wurde versilbert weil sie keiner wollte. Von daher also nicht vergleichbar.


    Die Granger Roads sind letztendlich am erodirenden Frachtaufkommen zugrunde gegangen, waren aber immerhin zum Zeitpunkt der Betriebsaufnahme wirtschaftlich sinnvoll.


    Zitat

    Das das überhaupt so lange gut ging ist der Elekrtifikation und der allgemein innovativen Betriebsführung zu verdanken.


    Gibt es da Zahlen? Ich habe bisher keine Wirtschaftlichkeitsberechnungen von irgendeiner Seite gesehen. Bis das nicht mit Fakten untermauert ist glaube ich es im Vergleich mit der Dampf-, aber ganz gewiss nicht mit Dieseltraktion.

  • Zitat

    Original von mtnsub
    Gibt es da Zahlen? Ich habe bisher keine Wirtschaftlichkeitsberechnungen von irgendeiner Seite gesehen. Bis das nicht mit Fakten untermauert ist glaube ich es im Vergleich mit der Dampf-, aber ganz gewiss nicht mit Dieseltraktion.


    Markolf,


    ich hatte in einem anderen Thread schon darüber geschrieben. GE hat damals in einer Studie die E-und die Dieseltraktion auf den elektrischen Strecken der Milwaukee verglichen, Michael Sol hat die Ergebnisse in eine Umfangreiche Exel Tabelle gepackt:


    http://acela.i-webhosting.de/temp/milwelec.xls


    Sicherlich setzt die Studie gewisse Investitionen in Fahrweg und neue Loks vorraus, zeigt aber, das die E-Traktion über Jahre gesehen kostentechnisch unschlagbar gewesen wäre...

    Micha



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  • Zitat


    Ah, sehr interessant, vielen Dank!


    Da sind IMHO aber einige recht fragwuerdige Sachen drin. Z.B. Lease term 15 Jahre bei Diesel, 30 bei Elektrisch. Warum wird in die Dieselrechnung eine "signal pole replacement cost" eingerechnet, in die andere nicht. Ist die Verfuegbarkeit wirklich 84%/95%?


    Und - meiner Meinung nach ein voelliger Lapsus - warum hat die Verdieselung einen zweistelligen Millionenbetrag an initialen Kosten und die elektrische Variante genau 0? Man haette nicht einfach weitermachen koennen, dort waeren auch Investitionen faellig gewesen. Das groesste Problem an der Elektrifizierung ist ja die immobile Infrastruktur, deren Kosten sowohl mit der Verkehrsdichte steigen als auch mit der raeumlichen Ausdehnung des Betriebsgebietes. Da ist eben der Vorteil der Dieseltraktion zu sehen - sie kostet nicht einen Cent mehr egal ob die Strecke 30 Meilen oder 3000 Meilen lang ist. Nicht umsonst ist die Elektrotraktion fast nur dort erfolgreich, wo die Verkehrsdichte hoch und die Entfernungen gering sind (Ausnahme: extrem hohe Leistungen pro Triebfahrzeug, die im Gueterverkehr keine Rolle spielen).


    Im Nachhinein ist eine Studie damals genauso wie heute das Sprachrohr dessen, der sie finanziert...

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