Der folgende Beitrag sollte eigentlich in einer Zeitschrift erscheinen. Nachdem ich anfangs gedrängelt, dann aber immer wieder vertröstet wurde, veröffentliche ich ihn nun hier, wo m.E. mehr Leute was davon haben.
Nachdem ich im Laufe der Zeit eine ganze Menge Loks lackiert habe, darunter auch solche aus Messing, war es, wie ich fand, an der Zeit, mal aufzuzeigen, dass das kein Hexenwerk ist. Inzwischen lackiere ich Messingloks (ich beziehe mich hier ausdrücklich auf Dieselloks) eigentlich lieber als solche aus Kunststoff. Das hat mehrere Gründe:
- Messingloks bestehen aus nur wenigen Hauptbaugruppen, die miteinander verschraubt sind
- Messingloks sind robuster, sowohl bei der Demontage als auch bei Reinigung ist die Gefahr, Kleinteile zu verlieren oder zu beschädigen gering (Wie viele Grab Irons, Scheibenwischer etc haben schon den Weg in meine Spüle gefunden?)
Das folgende Tutorial beschreibt die für mich beste Lösung. Es mag andere geben, die besser sind, für mich funktioniert sie aber perfekt.
Als Beispiel dient eine SD60, die ich letztes Jahr für ein Forenmitglied im sehr ansprechenden EMD Demo Scheme lackiert habe.
Bild 1 - So präsentiert sich das Modell out of the Box:
Zuerst geht es an die Demontage. Ein Großteil der Messing Diesel der letzten 20 Jahre sind, egal von welchem Hersteller, im großen und ganzen gleich aufgebaut. Rahmen, Umlauf mit Geländern, Shell mit Cab, Nose, Tank und Trucks. Bei manchen ist das Cab noch seperat demontierbar, das ist aber an sich nicht notwendig. Zur Demontage reicht ein Kreuzschlitzschraubendreher, meistens benötigt man auch einen Lötkolben um die Motoranschlüsse zu trennen.
Bild 2 - die Hauptbaugruppen der Lok. Nicht auf dem Bild sind Motor und die "Drehgestelle" bzw deren Gearboxen.
Nächster Schritt ist die Reinigung. Wie oben geschrieben gibt es viele Wege, die zum Ziel führen. Messingloks haben oft eine "Werkslackierung" aus Klarlack. Viele sagen, die muss runter. Ich sage, das ist eine gute Basis - wenn sie intakt ist. Das sieht man, wenn man sich das Modell im Licht genau ansieht. Hat sie Risse oder Fehlstellen, dann muss die Lackschicht runter, bei Messingmodellen kann man hier auch mit aggressiven Mitteln wie Aceton rangehen. Ist die Klarlackschicht runter, bade ich die Lok nochmal in Essig, das löst die Oberfläche gaaaaaanz leicht an und verbessert die Haftbarkeit der Farbe. Ist die Klarlackschicht noch drauf, entfällt dieser Schritt.
Bild 3 - in beiden Fällen erfolgt jetzt ein weiteres Bad, diesmal in Wasser mit Seife und Zahnbürste. Dadurch wird das Modell entfettet.
Wichtig ist, dass man ab jetzt nur noch Stoffhandschuhe trägt, wenn man das Modell anfasst! Fettfinger vermindern die Haftbarkeit der Farbe und sind teilweise durch den Lack sichtbar!
Es folgt die Grundierung. Hat das Modell noch die Klarlackschicht, könnte man eigentlich darauf verzichten, ich mache es trotzdem immer, weil die fast weiße Grundierung die Deckkraft der späteren Farbe verbessert. Im Gegensatz zur Farbe grundiere ich auch nicht mit der Airbrush, sondern aus der Dose. Das hat zwei Gründe: Ich verwende Grundierung von Tamyia, die ist auf Lösungsmittelbasis und stinkt demnach sehr. Da mein Arbeitszimmer in der Wohnung ist, zieht der Geruch zwangsläufig auch nach draussen. Grund zwei ist, dass das Reinigen der Airbrush mit Lösungsmittelfarben aufwändiger ist, da bin ich bequem. Grundiert wird also aus der Dose im Keller. Die Tamyia Grundierung ist sehr deckstark und trocknet gleichmäßig aus, auch bei ungleichmäßigem Auftrag. Sehr einfaches Arbeiten.
Bild 4 - siehe obigen Absatz
Die Grundierung lasse ich immer 24 Stunden trocknen, dann folgt die erste Farbschicht. In diesem Fall weiß. Man sollte immer versuchen, zuerst die hellen Farben zu lackieren, dann die dunklen, da letztere besser decken. Ich verwende Acryllacke von Polly Scale. Die Produktion wurde eingestellt, ich habe mich ausreichend eingedeckt, habe mir aber noch keine Gedanken über eine Alternative gemacht. Polly Scale ist für mich das Nonplusultra. Waserverdünnbar, dadurch leicht zu reinigen, trocknet extrem schnell und mit gleichmäßiger Oberfläche, auch wenn man sie ungleichmäßig aufträgt.
Bild 5 - nachdem die erste Farbschicht drauf ist, wird nach Foto abgeklebt. Ich verwende das Maskintape von Tamyia. Das deckt sehr gut, gibt messerscharfe Trennkanten und lässt sich sehr leicht ablösen, zieht also auch keine Farbe mit ab.
Wie bereits erwähnt trocknet Polly Scale sau schnell. Bereits nach 30 Minuten ist die Farbe so trocken, dass man abkleben und die nächste aufbringen kann. So kann man wirklich hinternander weg arbeiten...
Wenn alle Farben drauf sind, erfolgt die Lackierung mit glänzendem Klarlack. Das gibt eine gute Basis für die Decals und lässt diese sehr gut haften. Ich verwende hier Clear Gloss von Polly Scale.
Bild 6 - am zeitaufwändigsten ist das Aufbringen der Decals. Ist die Oberfläche aber sauber lackiert, schmiegen diese sich aber gut an und man braucht nur wenig Weichmacher und Nacharbeit für ein perfektes Ergebnis.
Sind alle Decals an Ihrem Platz erfolgt die letzte Farbschicht. Diesmal Clear Satin Finish - auch von Polly Scale. Das gibt einen schönen, seidenmatten Glanz. Was noch folgt, ist der Zusammenbau in umgekehrter Reihenfolge und voila...
Bild 7